Seit rund einem Jahr ist er Chef von Spaniens konservativer Volkspartei PP und hat sich in dieser Zeit vor allem in einer Rolle präsentiert: Der ruhige Sachpolitiker inmitten der mehr denn je aufgeheizten politischen Landschaft Spaniens.
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Interne Machtkämpfe
Und das hat sich offensichtlich bezahlt gemacht. 2018 durch einen politischen Coup der Sozialisten von der Macht verdrängt, hatte sich die PP vor allem mit ihren Korruptionsaffären und internen Machtkämpfen beschäftigt. Feijóo legte die Streitereien zumindest vorübergehend bei und brachte die Partei wieder auf Erfolgskurs.
Bei Regionalwahlen im Frühjahr war man so erfolgreich, dass der sozialistische Premier Sanchez die Flucht nach vorne antrat und landesweite Neuwahlen für diesen Sonntag ausrief. Das gewagte Manöver des politischen Spielers Sanchez droht zu scheitern: Feijóo liegt mit der PP in allen Umfragen deutlich vorne.
Der Partner von rechts außen
Sollte er tatsächlich am Sonntag als Sieger dastehen, fängt für den Konservativen die Arbeit erst an. Denn die Suche nach einer Mehrheit für eine von ihm geführte Regierung wird in jedem Fall schwierig – und politisch heikel. Als Partner bringt sich ja vor allem eine Partei seit Monaten in Stellung: Die Vox. Gemeinsam, so macht deren Chef Santiago Abascal überdeutlich, könne man nicht nur eine stabile Mehrheit schaffen, sondern vor allem eine scharfe rechte Wende in Spanien.
Widerstand gegen EU
Das aber hätte dramatische Konsequenzen. Der Konflikt mit der reichen Region Katalonien droht von Neuem zu eskalieren. Die EU muss in Fragen Landwirtschafts- und Asylpolitik mit massivem Widerstand aus Madrid rechnen und die Modernisierung der spanischen Gesellschaft, etwa durch mehr Rechte und mehr Schutz für Frauen, könnte rückgängig gemacht werden. Das alles hat der Vox-Chef als politischen Preis für seine Unterstützung genannt.
Rechtes Schreckgespenst
Das ist natürlich ein Fressen für die Sozialisten und die links von ihnen stehende Partei Sumar, die als deren Koalitionspartei bereitsteht. Sie haben diese Wahl zur dramatischen Richtungsentscheidung zwischen einem linken, modernen Spanien und dem Weg zurück in eine rechtskonservative Vergangenheit mit einer Regierung aus PP und Vox stilisiert.
Feijóo aber versucht seit Wochen, dieses rechtsrechte Schreckgespenst abzuschütteln. In Kommentaren in internationalen Medien skizziert er seine politische Linie – und die liegt klassisch in der politischen Mitte. Feijóo verspricht Budgetdisziplin, Kampf gegen die Inflation und eine Wirtschaftspolitik, die Spanien zum Großproduzenten grüner Energie machen soll.
„Ich bin ein normaler Mensch, der die Normalität verteidigt, die Spanien braucht“: So stellt sich der PP-Chef am liebsten den Spaniern vor. Und die wissen das nach dem chronisch überhitzen politischen Klima, das in Spanien in der Zeit der Linkskoalition geherrscht hat, offensichtlich zu schätzen. Mit wem und wie er Spanien diese Normalität verordnen wird, lässt Feijoo allerdings vorerst offen.
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