Das Brexit-Wunder am Heiligen Abend

Symbolbild.
Noch einmal mussten Boris Johnson und Ursula von der Leyen eingreifen, um letzte strittige Details auszuräumen. Jetzt steht der Pakt.

Drama bis zur letzten Sekunde und bis zur völligen Erschöpfung der Verhandler: Die Grundstimmung, die die Verhandlungen über den Brexit seit dem historischen Referendum 2016 immer beherrscht hatte, dominierte auch das Finale. Doch ausgerechnet am Heiligen Abend war es schließlich soweit: Der Pakt, der die zukünftigen Beziehungen zwischen Großbritannien und der EU bis ins Detail regelt, steht. Man bleibt als Nachbarn in Freundschaft eng verbunden. Das Schreckensszenario eines No-Deals wurde quasi im letzten Moment abgewendet.

Das Brexit-Wunder am Heiligen Abend

Ein Brexit-Gegner demonstriert

 

Reibungslose Beziehungen

Eine Woche vor Ende der Brexit-Übergangsphase haben die Unterhändler am Donnerstag letzte Hand an ein umfassendes Handelsabkommen gelegt. Der Pakt soll Zölle verhindern und die Hunderte Milliarden Euro schweren Wirtschaftsbeziehungen so reibungslos wie möglich halten. Zudem soll er den EU-Fischern Zugang zu britischen Gewässern sichern und viele Alltagsfragen klären, etwa die Zusammenarbeit bei Polizei, Justiz oder Energieversorgung, aber auch den Studentenaustausch.

Hoffnung bis zuletzt

Trotz einer weitgehenden Einigung auf entscheidende Punkte am Mittwoch zogen sich die Verhandlungen an Heiligabend doch noch einmal. Auch gegen Mittag waren letzte Details ungeklärt. Dennoch hoffte man weiter auf einen Deal an Heiligabend.

Frankreich blockte

Der irische Außenminister Simon Coveney machte das ewige Konfliktthema Fisch für die Verzögerungen verantwortlich. Ein Teil der Fischerei-Regeln habe wohl für einen Haken in letzter Minute gesorgt. „Ich hatte gehofft, ich könnte heute Morgen schon über die großen Ankündigungen aus London und Brüssel reden.“ Zuletzt soll noch einmal Frankreich direkt in die Verhandlungen eingegriffen und neue Hürden aufgestellt haben. Boris Johnson und EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen waren den ganzen Donnerstag über in Kontakt.

"Schweißperlen"

Der FDP-Außenpolitiker Alexander Graf Lambsdorff lobte den sich abzeichnenden Vertrag. Allein 30 000 deutsche Unternehmen trieben Handel mit Großbritannien, „da standen manchen wirklich die Schweißperlen auf der Stirn“, sagte Lambsdorff im Deutschlandfunk mit Blick auf den Stichtag 31. Dezember. Dann endet die Brexit-Übergangsphase und Großbritannien scheidet aus dem EU-Binnenmarkt und der Zollunion aus.

Ohne Vertrag drohen Zölle, Preiserhöhungen sowie Handelshemmnisse und Grenzformalitäten: Das Schreckensszenario eines No-Deals.

2000 Seiten

Das rund 2000 Seiten starke Abkommen mit vielen Sonderregelungen und technischen Anhängen muss nun im Europaparlament genau geprüft werden. Eine vorläufige Anwendung ist aber unabhängig davon gesichert.

Da die Zeit für eine Ratifizierung auf EU-Seite zu kurz ist, ist die vorläufige Anwendung der einzige Weg, mit dem Abkommen den befürchteten harten wirtschaftlichen Bruch zum Jahreswechsel zu vermeiden.

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