Wissenschaftsmagazin "Lancet" kritisiert britische Regierung

Boris Johnson hat das Coronavirus mittlerweile selbst.
Chefredakteur Richard Horton schreibt wegen der falschen Maßnahmen gegen das Coronavirus von einem "nationalen Skandal".

Der Chefredakteur des renommierten britischen Wissenschaftsmagazins The Lancet, Richard Horton, hat heftige Kritik an der Reaktion der Regierung in London und des Nationalen Gesundheitsdiensts NHS zur Coronavirus-Pandemie geübt. Der Mangel an Vorbereitung und das verspätete Ergreifen von Maßnahmen gegen die Ausbreitung des Virus sei ein "nationaler Skandal", schrieb er am Freitag.

Grundlegende Prinzipien missachtet

Die zuerst verfolgte Strategie der Regierung, den Ausbruch zu begrenzen, sei gescheitert, weil sie sich nicht an die Empfehlung der Weltgesundheitsorganisation gehalten habe, jeden Verdachtsfall auf eine Infektion zu überprüfen. "Sie haben nicht isoliert und keine Quarantänen verhängt, sie haben keine Kontakte nachverfolgt", schrieb der Wissenschaftsjournalist in einem Kommentar in der jüngsten Lancet-Ausgabe.

Grundlegende Prinzipien der öffentlichen Gesundheit und der Kontrolle von Infektionskrankheiten seien missachtet worden. Die neue Strategie, die Ausbreitung durch drastischere Maßnahmen zu unterdrücken, sei viel zu spät eingeführt worden, so Horton weiter.

"Patienten werden unnötig sterben"

Der NHS sei "vollkommen unvorbereitet" auf den sprunghaften Anstieg von schwer und schwerst erkrankten Patienten. Er erhalte täglich Zuschriften von Ärzten, die Covid-19-Patienten ohne ausreichende Schutzkleidung untersuchen müssten, schrieb Horton.

Dabei sei bereits Ende Jänner von Medizinern aus China in The Lancet vor einer globalen Pandemie gewarnt worden. Der Februar hätte dazu genutzt werden können, den Gesundheitsdienst vorzubereiten, das sei nicht geschehen. Das Resultat sei Chaos und Panik beim NHS. "Patienten werden unnötig sterben. NHS-Mitarbeiter werden unnötig sterben", so der Lancet-Chefredakteur.

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