Corona-Krise: Frankreich erwartet größte Rezession seit 1945
Frankreich gehört mit 8.076 offiziellen Corona-Todesopfern allein bis Sonntag zu den meist betroffenen Ländern Europas. Jetzt wird auch das Ausmaß des Wirtschaftseinbruchs langsam greifbar: Wegen der Corona-Pandemie rechnet Frankreich mit der stärksten Rezession seit 1945.
Finanzminister Bruno Le Maire sagte am Montag bei einer Anhörung im Pariser Senat, das Minus werde deutlich höher ausfallen als nach der Finanzkrise 2008. Damals war die französische Wirtschaftsleistung um 2,2 Prozent geschrumpft. Es war der stärkste Rückgang seit dem Zweiten Weltkrieg.
"Ökonomischer Schock"
Le Maire sagte, die Pandemie führe zu einem „ökonomischen Schock“ ohne Beispiel in der Nachkriegszeit. Das französische Statistikamt Insee rechnet mit einem Einbruch des Bruttoinlandsprodukts (BIP) um rund 3 Prozent, wenn die Mitte März verhängte Ausgangssperre einen Monat dauert. Bei zwei Monaten rechnet sie mit einem Wirtschaftseinbruch von rund 6 Prozent.
Für Deutschland rechnen die Wirtschaftsweisen mit einem Konjunktureinbruch um 2,8 bis 5,4 Prozent. Dies hänge von Dauer und Ausmaß der Einschränkungen zur Eindämmung der Pandemie ab, hieß es vor einer Woche in einem Sondergutachten.
Auch für Österreich rechnen die Ökonomen von IHS und Wifo heuer mit einem Rückgang der Wirtschaftsleistung von mindestens 2 bis 2,5 Prozent, wie sie vor knapp zwei Wochen mitgeteilt hatten.
Ruf nach Solidarität
Frankreich, Italien und Spanien drängen seit Wochen auf finanzielle Solidarität der anderen EU-Staaten in diesen schweren Zeiten. Vergangene Woche legte Frankreichs Finanzminister Bruno Le Maire einen Vorschlag für einen neuen Rettungsfonds vor. Er soll gleichfalls gemeinsame Schulden der Mitgliedstaaten ermöglichen, dies aber auf fünf oder zehn Jahre begrenzen.
Über die Verteilung der Gelder soll die EU-Kommission entscheiden, die bei Auflagen als weniger hart als der Euro-Rettungsfonds ESM gilt. Mancher in Brüssel sieht Le Maires Idee als „Corona-Bonds im neuen Gewand“.
"Marshallplan"
Angesichts der erwarteten schweren Rezession sucht die EU auch langfristige Möglichkeiten der Unterstützung. Kommissionschefin von der Leyen spricht von einem „Marshallplan für Europa“. Die Staats- und Regierungschefs haben sie Ende März beauftragt, einen „Erholungsplan“ mit „nie dagewesenen Investitionen“ auszuarbeiten.
Mittel dafür wäre der nächste mehrjährige EU-Haushalt für 2021 bis 2027. Seine Verabschiedung war bisher gescheitert. Diplomaten bezweifeln, dass die Corona-Turbulenzen eine Einigung der EU-Staaten auf das über eine Billion Euro schwere Budget einfacher machen.
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