Corona in Kroatien: "Ich möchte im Juli ans Meer fahren"

Corona in Kroatien: "Ich möchte im Juli ans Meer fahren"
Interview. Der Zagreber Epidemiologe Branko Kolarić erklärt die Strategie seines Landes – und macht Hoffnung.
Von Uwe Mauch

Kroatien dürfte - bis dato wenig beachtet - seine Hausaufgaben einigermaßen gut erledigt haben. Bisher verzeichnete man im Vergleich zu Österreich deutlich weniger Tote sowie Intensivpatienten. Der Epidemiologe Branko Kolarić, Professor an der Lehranstalt für Public Health in Zagreb, erklärt die kroatische Strategie.

KURIER: Was sagen Sie zur Situation in Kroatien?

Branko Kolarić: Wenn ich die Entwicklung mit anderen Ländern vergleiche, bin ich zufrieden. Insbesondere, wenn ich mir ansehe, wie wenige Menschen bei uns intensiv behandelt werden müssen und wie wenig verstorben sind.

Angemerkt wird, dass Kroatien mehr positive Fälle hätte, würde mehr getestet werden.

Das ist nicht falsch. Entscheidend ist aber, dass wir im Moment nur vierzig Menschen haben, die eine Beatmungsmaschine benötigen. Es gab Prognosen, dass wir 400 benötigen werden.

Corona in Kroatien: "Ich möchte im Juli ans Meer fahren"

Von welchen Ländern hat der kroatische Krisenstab am meisten gelernt?

Zunächst: Wir haben eigene Teams, bestehend aus Ärzten, Epidemiologen Sanitätern und Technikern, für jeweils 45.000 Menschen, und die sind auf den Ausbruch von Epidemien spezialisiert. Wir haben uns sehr genau angesehen, wie man in Südkorea, Singapur und China reagiert hat und welche Maßnahmen im Verlauf der Pandemie in den einzelnen Ländern Europas wie gewirkt haben.

Warum hat Kroatien deutlich weniger Tote als Österreich?

Als wir die Entwicklung in Italien gesehen haben, haben wir sofort mit strikten Social-distancing-Maßnahmen begonnen. Wir haben bereits am 25. Februar die Seniorenheime geschlossen, zwei Tage nach dem Bekanntwerden des ersten Coronainfizierten in Kroatien. Zeitgleich wird das gesamte Personal in unserem Gesundheitssystem rigoros kontrolliert, unter anderem durch tägliche Temperaturmessungen. Außerdem haben die Menschen in unserem Land sehr verständnisvoll auf den noch einschneidenderen «Lock down» als in Österreich reagiert.

Wo sehen Sie derzeit die größte Gefahr?

Das Wichtigste ist, dass wir das Virus von den Seniorenheimen und Spitälern so gut als möglich fernhalten. Wir hatten erst vor wenigen Tagen erste Fälle in einem Heim in Split. Aber immerhin erst 45 Tage nach dem Beginn. Es gibt jetzt eine eigene Hotline für Seniorenheime. 

In Österreich fragt man sich: Können wir heuer noch Urlaub in Kroatien machen?

Das ist die schwierigste Frage, die Sie mir stellen. Ich erwarte, dass die Zahlen im Mai zurückgehen. Ich möchte im Juli ans Meer fahren und meinen Sommerurlaub beginnen. Und ich hoffe, dass wir bezüglich Coronavirus bald unbeschwert sein können, spätestens im Herbst.

Kommentare