Im Kampf gegen den Klimawandel ging das Licht aus

Im Kampf gegen den Klimawandel ging das Licht aus
Kaum jemand erwartete vom Gipfel große Durchbrüche beim weltweiten Klimaschutz. Doch die Gastgeber überraschten – mit chaotischen Zuständen und schwachen Ergebnissen.

Unabhängig vom Ergebnis hatte diese 27. Klimakonferenz ganz viele Überraschungen zu bieten, die selbst für hartgesottene und erfahrene Teilnehmer völlig neu waren.

Etwa, dass am Samstag bereits zu Mittag in einigen Bereichen der Delegiertenbüros der Strom abgedreht wurde. Auch die Österreicher saßen plötzlich im Dunkeln. Irmi Salzer, stellvertretende Kabinettschefin von Österreichs Klimaministerin Leonore Gewessler, twitterte ein Bild vom dunklen Raum und stellte dazu nüchtern fest: „Die ägyptische Präsidentschaft wird keinen Preis mehr gewinnen für diese Klimakonferenz.“ Die Delegation fand schließlich Gipfel-Asyl samt Schreibtisch bei den Kollegen der Benelux.

Zudem wurde bei einem Großteil der Toiletten das Wasser abgedreht, und die am Samstag noch verbliebenen Konferenzteilnehmer, Delegierte, Journalisten und NGO-Vertreter irrten vergeblich durch das riesige Areal auf der Suche nach Essen oder Kaffee. Immerhin gab es ausreichend Trinkwasser, das war in den Tagen davor immer wieder für mehrere Stunden ausgegangen. „No coffee, no food, no deal“, brachte ein dänischer Vertreter die allgemeine Stimmung auf den Punkt. Vergnügungssteuerpflichtig war dieser Klimagipfel jedenfalls nicht.

Eigentlich hätte die COP, wie Klimakonferenzen auch genannt werden, bereits am Freitag zu Ende gehen sollen. Doch da war man noch meilenweit von einem Schlussdokument entfernt, das ambitioniert ist und von allen 195 Staaten mitgetragen werden kann. Also musste man in die Verlängerung gehen. Bis zum Redaktionsschluss Samstagnacht war man nicht viel weiter. Zwar legte die ägyptische COP-Präsidentschaft am Nachmittag einen neuen Entwurf vor: „Dem können wir sicher nicht zustimmen“, sagte Gewessler.

Unwetter-Katastrophen

Dabei war der Druck auf alle Verhandler anfangs enorm. 2022 hatte, wie auch schon das Jahr davor, enorme Unwetterkatastrophen zu verzeichnen gehabt, kein Kontinent blieb verschont. In Europa wüteten viele Waldbrände, ein extrem regenarmer Sommer ließ die Flusspegel auf Rekordniveau sinken.

Besonders schlimm waren etwa die Überflutungen in Pakistan, wo ein Drittel des Landes unter Wasser stand, weil der Monsunregen einfach nicht aufhören wollte. Wetterphänomene, bei denen Wolken einfach stehen bleiben und es tage- bis wochenlang regnen lassen, sind in dieser Häufigkeit neu und sehr wahrscheinlich dem Klimawandel geschuldet. Die Auswirkungen waren enorm: Viele Menschen verloren ihr Leben. Häuser, Straßen und Schienen wurden zerstört, Ernten vernichtet.

Wer für solche Schäden aufkommen soll, war eines der zentralen Themen dieser COP. Eigentlich war beim Klimagipfel von Paris 2015 bereits vereinbart worden, dass es für diese „loss and damage“, also bereits eingetretene Klimaschäden, einen eigenen Entschädigungstopf geben soll. Doch erst in diesem Jahr schaffte es das Thema auf die Gipfel-Agenda und wurde extrem kontrovers diskutiert.

Vor allem deshalb, weil der „Globale Norden“, wie die westlichen Industriestaaten auch genannt werden, fürchten, dass ein solcher Fonds ein Loch ohne Boden wird. Die Europäer lenkten schließlich ein und signalisierten Zustimmung, allerdings unter mehreren Bedingungen. Etwa, dass reichere Schwellenländer wie China oder OPEC-Staaten wie Saudi-Arabien sich nicht auf die Empfänger-, sondern auf die Geberseite stellen müssen. Danach schaute es in der Nacht dennoch nicht aus.

Dass die Industrieländer zahlen, wird nicht mehr in Abrede gestellt. Denn gesichert ist, dass jene Länder, die nur zwölf Prozent der weltweiten Bevölkerung ausmachen, die Hälfte aller Treibhausgase verursacht haben.

Die nächste große Frage betrifft Zahlungen für Klimawandel-Anpassungen wie Dammbau, Regulierungen oder Bewässerungssysteme als auch Geld, damit ärmere Staaten grüne Technologien kaufen können, um ihre Volkswirtschaften von fossilen Energieträgern zu befreien. Einen Konsens darüber gab es schon 2009, vereinbart wurde damals, dass ab 2020 die Industrienationen 100 Milliarden Euro jährlich einzahlen sollten. Doch das Versprechen wurde nicht gehalten, 2021 wurden insgesamt „nur“ 83 Milliarden Dollar bereitgestellt. Nur ein kleiner Teil davon in Form von Direktzahlungen, der größere Teil waren Darlehen, Kredite und Sicherheiten für grüne Infrastrukturprojekte.

Am wenigsten Bewegung gab es in der Frage „Mitigation“, also Versprechen der Länder, ihre Emissionen schon bis 2030 deutlich zu senken. Laut Weltklimarat ist aber mit den vorliegenden „Versprechen“ der Staaten das Ziel, die Erwärmung bei 1,5 °C zu begrenzen, nicht haltbar.

Das dürfte zweifellos das traurigste Ergebnis dieser Chaos-Klimakonferenz werden. Im kommenden Jahr ist Dubai am persischen Golf Ausrichter der COP. Das Zittern um die Zukunft der Menschheit geht also in einem Öl-Scheichtum weiter.

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