Spionageaffäre in Berlin: Washington schweigt

Barack Obama and Angela Merkel hätten im Moment Gesprächsbedarf - derzeit wird aber noch geschwiegen.
Kein Ton von Obama: Dass die Deutschen CIA-Spitzel ausweisen, hat die USA kalt erwischt.

Seit Donnerstagnachmittag können sich die USA so behandelt fühlen wie sonst nur Nordkorea: Berlin hat nach der Enttarnung zweier CIA-Spitzel in der deutschen Politlandschaft den CIA-Statthalter zur Ausreise aufgefordert – ein ungewöhnlich drastischer Schritt.

In den USA wird dies schweigend zu Kenntnis genommen: Weder aus dem Weißen Haus noch aus der CIA-Zentrale in Langley bei Washington hat man sich dazu geäußert. Einzig im Kongress ist die Sache ein Thema: "Ich bin zutiefst besorgt", sagte die Vorsitzende des Geheimdienstausschusses im US-Senat, die Demokratin Dianne Feinstein, am Donnerstag über die Affäre. Sie deutete auch an, dass der Ausschuss bei seiner Sitzung am Donnerstag erneut über die Hintergründe unterrichtet wurde; CIA-Chef John Brennan hatte den Ausschuss nach Angaben von Senatoren bereits in den vergangenen Tagen in Kenntnis gesetzt.

"Situation außer Kontrolle"

Der Appell der Kongressabgeordneten richtet sich nun an US-Präsident Obama: "Die Situation fängt an, außer Kontrolle zu geraten", sagte der republikanische Senator Jim Risch, der ebenfalls im Geheimdienstausschuss sitzt. "Die Regierungen beider Länder müssen sich an einen Tisch setzen und versuchen, das zu lösen." Die neuen Spionagefälle strapazieren die deutsch-amerikanischen Beziehungen, die wegen der NSA-Affäre ohnehin belastet sind - der US-Geheimdienst zapfte in der Vergangenheit auch das Mobiltelefon der deutschen Kanzlerin Merkel an.

Bei den zwei Mitarbeitern deutscher Behörden, die für die CIA spioniert haben sollen, handelt sich um einen Sachbearbeiter des Bundesnachrichtendienstes, der inzwischen in Untersuchungshaft sitzt, und einen zivilen Mitarbeiter des Verteidigungsministeriums. Der BND-Mitarbeiter steht im Verdacht, mehr als 200 vertrauliche Dokumente an die USA verkauft zu haben.

In den USA gibt es 16 Organisationen oder nachrichtendienstliche Abteilungen von Ministerien und Behörden sowie das eigenständige Amt des Direktors der Geheimdienste. Zumindest sechs von ihnen sind auch in Deutschland aktiv. Nach Experteneinschätzung dürften es sogar fast doppelt so viele sein.

CIA: Die Central Intelligence Agency ist der Auslandsgeheimdienst. Er versorgt die US-Regierung mit Informationen, die sie für ihre Entscheidungen etwa im Kampf gegen den internationalen Terrorismus benötigt. Das Budget lag 2013 nach Recherchen der "Washington Post" bei etwa 14,7 Milliarden US-Dollar (etwa 11 Mrd. Euro).

NSA: Hauptaufgabe des militärischen Geheimdienstes National Security Agency ist die Erfassung und Auswertung elektronischer Daten weltweit und die Arbeit mit Verschlüsselungstechnik (Kryptologie). Das Budget soll sich auf etwa 10,8 Milliarden Dollar belaufen.

NRO: Das National Reconnaissance Office (Nationales Aufklärungsamt) ist das Auge und Ohr der USA im Weltraum. Es betreibt das Satellitenaufklärungsprogramm. Das Budget soll etwa 10,3 Milliarden Dollar betragen.

FBI: Die Bundesermittlungsbehörde Federal Bureau of Investigation hat neben der Verbrechensbekämpfung auch die Aufgaben eines Inlandsgeheimdienstes. Sie hat unter anderem terroristische Organisationen und ausländische Geheimdienste im Visier. Das Budget soll etwa 8,2 Milliarden Dollar betragen.

NGA: Die National Geospatial Intelligence Agency (Nationale Agentur für geografische Aufklärung) sammelt und erstellt Informationen über die Erde, die unter anderem für die nationale Sicherheit, militärische Operationen und humanitäre Hilfsanstrengungen genutzt werden. Das Budget soll bei etwa 4,9 Milliarden Dollar liegen.

DIA: Die Defense Intelligence Agency (DIA) koordiniert die Geheimdienste des US-Militärs. Sie hat nach eigenen Angaben weltweit mehr als 16.500 Mitarbeiter. Das Budget soll etwa 4,4 Milliarden Dollar betragen.

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