Chinas Bevölkerung ist erstmals seit 50 Jahren geschrumpft

China leidet unter Geburtenrückgang
Junge Chinesen kriegen zu wenige Kinder. Karriere und das gute Leben wie Reisen gehen vor. Der Bevölkerungsbericht ist streng geheim.

Die Ergebnisse der 2020 durchgeführten Volkszählung werden die Führung in Peking nicht freuen. Wie die Financial Times am Mittwoch unter Berufung auf mit den Daten vertrauten Personen berichtet, kommen zu wenige Babys auf die Welt. Dieses Thema sei politisch sehr sensibel.


Dafür wurde auch bekannt, dass Chinesen schon wieder mehr reisen als vor der Pandemie.  In den nächsten Tagen steht eine gewaltige Reisewelle bevor. Laut Behördenschätzung dürften über die anstehenden Feiertage vom 1. bis zum 5. Mai rund 250 Millionen Reisende in der Volksrepublik unterwegs sein.


Das Verkehrsbüro des Ministeriums für Öffentliche Sicherheit teilte mit, dass die Buchungen für Hotels und Flugreisen das Niveau von 2019, also bevor die Corona-Pandemie ausgebrochen war, „deutlich überschritten“. Die Rede war von einem regelrechten „Boom“.

Keine Vereinbarkeit von Beruf und Familie

Dass diese Ferien für einen Babyboom sorgen, ist eher unwahrscheinlich. Junge Chinesen überlegen sehr lange, ob sie sich neben dem beruflichen Stress auch die Familienarbeit zutrauen können. Der Lebenshaltungskosten in den Städten steigen, die Vereinbarkeit von Beruf und Familie ist kaum  ein Thema.


Der Geburtenrückgang bleibt daher eine Art Staatsgeheimnis. Das Statistikamt, das die Ergebnisse der Volkszählung veröffentlichen soll, reagierte auf Reuters-Nachfrage zunächst nicht auf den Bericht.


 „Wenn China einen solchen Rückgang bestätigt, wäre das eine große Sache“, sagte Zhiwei Zhang, der in Shenzhen ansässige Chefökonom des Finanzhauses Pinpoint Asset Management. „Das wäre viel früher, als der Markt und die politischen Entscheidungsträger erwartet haben.“ Bisher werde davon ausgegangen, dass das weltweit bevölkerungsreichste Land seinen Höchststand im Jahr 2027 erreichen wird.

Erwerbstätige Bevölkerung schrumpft

Ein Rückgang würde den Druck auf Peking erhöhen, Maßnahmen zu ergreifen, um Paare zu ermutigen, mehr Kinder zu bekommen. Erst 2016 hatte China die jahrzehntelange Ein-Kind-Politik abgeschafft - in der Hoffnung, die Zahl der Babys zu erhöhen.


Doch das Gegenteil trat ein:  „Unsere Projektionen, die auf den Zahlen vor der Volkszählung basieren, deuteten bereits darauf hin, dass die Erwerbsbevölkerung bis 2030 jährlich um 0,5 Prozent schrumpfen würde, mit ähnlichen Auswirkungen auf das Bruttoinlandsprodukt“, schrieben die Analysten von Capital Economics. „Ein langsameres Wachstum würde es schwieriger machen, die Vereinigten Staaten wirtschaftlich einzuholen. Und es könnte auch einen Einfluss auf Chinas globales Ansehen haben.“

Rückschlag gegenüber den USA

Während sich das Tempo der Alterung in China beschleunigt, zeigt die US-Bevölkerung positive Veränderungen, wie aus einem Arbeitspapier der chinesischen Zentralbank hervorgeht. Darin werden Vorhersagen der Vereinten Nationen zitiert, wonach die US-Bevölkerung von 2019 bis 2050 um 15 Prozent wachsen könnte, die chinesische hingegen um 2,2 Prozent schrumpfen dürfte. „Bildung und technologischer Fortschritt können den Rückgang der Bevölkerung nicht kompensieren“, warnte die Zentralbank. 

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