Wie es Xi gelang, Trump etliche Zugeständnisse abzuringen
Sie hatten einander lange nicht mehr gesehen. Vor sechs Jahren war das, am Rande des G-20-Gipfels im japanischen Osaka. Am Donnerstagmorgen (Ortszeit) trafen US-Präsident Donald Trump und Chinas "Oberster Führer" Xi Jinping einander wieder, zum lange erwarteten Gipfeltreffen in der südkoreanischen Küstenmetropole Busan.
Was gleich zu Beginn auffiel: Der Größenunterschied zwischen den beiden Politikern ist kleiner geworden. Laut offiziellen Angaben ist Trump 1,90 Meter groß, Xi werden, je nach Quelle, etwas mehr oder weniger als 1,80 Meter nachgesagt. Anders als bei früheren Treffen begegneten sich beide diesmal jedoch auf Augenhöhe. Ob Trump also geschrumpft ist oder Xi hohe Einlagen oder Absätze trug - die symbolische Bedeutung der Bilder wird vor allem dem Chinesen gefallen.
Auffallend: US-Präsident Donald Trump (links) ist eigentlich zehn Zentimeter größer als Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping. Am Donnerstag wirkten beide fast gleich groß.
Auch das Ergebnis des Gipfeltreffens lässt Xi größer wirken. "Er ist ein harter Verhandlungspartner", hatte der US-Präsident noch beim Händeschütteln zu den versammelten Journalisten gesagt. Später, an Bord des Präsidentenfliegers Air Force One, plauderte Trump dann detailliert über den Inhalt der Gespräche. Und das klang tatsächlich so, als hätte die US-Regierung sich deutlich größere Zugeständnisse abringen lassen als die chinesische.
China könnte wieder Zugriff auf US-amerikanische KI-Chips erhalten
So erklärte Trump überraschend, er hätte mit Xi "über die Möglichkeit gesprochen", US-Konzernen wieder Exporte von fortschrittlichen Prozessoren zu erlauben, die für den Betrieb moderner KI-Modelle benötigt werden. Das wäre ein enormes Zugeständnis an Peking.
Chinas Tech-Branche leidet seit Jahren darunter, keine KI-Chips importieren zu dürfen, die mithilfe von US-Technologie hergestellt wurden. Die Befürchtung in Washington war jedoch stets, chinesische Staatskonzerne könnten die Technologie übernehmen und für die Entwicklung hochmoderner Waffensysteme verwenden.
Vor allem der amerikanische Branchenführer Nvidia, zur Zeit das wertvollste Unternehmen der Welt, hatte zuletzt versucht, Trump dazu zu bewegen, die Bestimmungen zu lockern. Nvidia-Geschäftsführer Jensen Huang, ein gebürtiger Taiwaner, der fließend Chinesisch spricht, war deshalb bereits mehrfach im Weißen Haus zu Gast. Trump merkte allerdings an, dass die modernsten Nvidia-Chips mit dem Beinamen "Blackwell" auch in Zukunft nicht nach China geliefert werden dürften.
China nutzte Seltene Erden, um Zugeständnisse zu erzwingen
Es ist ein erstaunlicher Verhandlungserfolg, dass die größte Gegenleistung der chinesischen Regierung offenbar darin besteht, die für Anfang Dezember angedrohten Exportbeschränkungen für Seltene Erden um ein Jahr zu verschieben. Diese drastische Maßnahme hatte Peking schließlich erst vor drei Wochen aus dem Hut gezaubert.
Xi und sein Verhandlungsteam waren also mit einem Schachzug erfolgreich, der direkt von der Trump-Administration kommen könnte: Sie schufen unmittelbar vor dem Gipfeltreffen eine Krise, die es zuvor nicht gab, und boten dann an, sie erst im Austausch für Gegenleistungen wieder zu lösen.
USA halbieren Zölle gegenüber China auf 10 Prozent
Wie erwartet werden die USA außerdem keine neuen Strafzölle auf chinesische Waren erheben. Doch nicht nur das: Trump verkündete, dass dass er sogar die letzten noch aktiven Strafzölle gegenüber China von 20 auf 10 Prozent halbieren werde. Damit wäre der US-Zollsatz gegenüber China niedriger als der gegenüber der EU (15 Prozent).
Allerdings gelten nach wie vor auf bestimmte chinesische Waren deutlich höhere Zollsätze, z. B. ein 100-Prozent-Aufschlag auf E-Autos aus China, weshalb die durchschnittliche Zollhöhe auf chinesische Waren weiterhin bei 47 Prozent liegen wird.
Im Gegenzug werde Peking strengere Maßnahmen in Kraft setzen, um den Export von Chemikalien aus China einzuschränken, die für die Produktion der Droge Fentanyl missbraucht werden können. Drogenkartelle in Lateinamerika importieren chinesische Chemikalien zu genau diesem Zweck in großem Stil. Viele dieser Exporte sind aber schon jetzt illegal; es ist also fraglich, wie groß die Auswirkungen auf die Fentanyl-Produktion diesmal sein wird.
Sojabohnen im Austausch für Öl und Gas
Ebenfalls seit Tagen bekannt ist, dass China wieder Sojabohnen aus den USA importieren wird. Im Zuge des Zollstreits im Sommer waren chinesische Unternehmen in großer Menge auf Anbieter auf Brasilien umgeschwenkt und hatten somit US-Sojabauern unter Druck gesetzt. Viele von ihnen sind Trump-Wähler.
Neu ist dagegen, dass China auch US-amerikanisches Öl und Gas importieren soll, wie Trump erklärte. Zum geplanten Ausmaß äußerte er sich jedoch nicht. Grundsätzlich ist es für China immer positiv, wenn es neue Quellen für Energieimporte findet: Kein anderes Land produziert und verbraucht auch nur halb so viel Strom wie die Volksrepublik; der Bedarf an Energielieferungen aus dem Ausland ist entsprechend groß.
Worüber nicht gesprochen wurde
Durchaus überraschend: Der vielbeachtete, angebliche Tiktok-Deal war offenbar kein Gesprächsthema. Die chinesische Social-Media-Plattform muss ihr US-Geschäft bekanntlich völlig neu aufstellen, wenn sie in den USA nicht verboten werden will. Eigentlich gibt es hier bereits einen Plan, der vor Monaten ausgearbeitet wurde und in den USA höchst umstritten ist. Offenbar ist er nicht so konkret, wie Trump ihn im Sommer zu verkaufen versuchte.
Die Präsidenten Xi Jinping (links) und Donald Trump (rechts) mit ihren Verhandlungsteams - unter anderem den Außenministern Wang Yi (China) und Marco Rubio (USA) sowie den Handelsministern Wang Wentao (China) und Howard Lutnick (USA).
Auch die von China beanspruchte, demokratisch regierte Insel Taiwan sei laut Trump "nicht zur Sprache gekommen". Dabei sind Xis offene Drohungen einer militärischen "Wiedervereinigung" mit der Insel der größte Konfliktpunkt zwischen beiden Großmächten.
Trump reist im April nach China - auch das ist ein Sieg für Xi
Aber es muss ja auch Themen für das baldige, nächste Treffen geben. Wie beide Seiten im Anschluss bestätigten, wird Donald Trump nämlich schon im April Peking besuchen. Auch das ist ein kleiner Sieg für den Machtpolitiker Xi: Anders als andere Staats- und Regierungschefs muss Chinas Machthaber nicht zuerst im Weißen Haus antanzen, stattdessen kommt der US-Präsident zu ihm. Das ist nun wirklich das stärkste Symbol für Augenhöhe.
Kommentare