CETA-Streit: Belgien suchte verzweifelt Kompromiss

Wallonischer Provinzchef Paul Magnette.
Das Gezerre über den umstrittenen Handelsvertrag hielt bis zuletzt an.

Bis tief in die Nacht zum Donnerstag rang der wallonische Provinzchef Paul Magnette mit Vertretern der belgischen Föderalregierung um eine Einigung im CETA-Streit. Zweimal wurden die Gespräche unterbrochen. "Es gibt den Willen, zu einem Ergebnis zu kommen", hieß es im Umkreis von Magnette.

Die EU-Kommission lieferte neue Textvorschläge: Nationale Richter für CETA-Schiedsgerichte, Erleichterungen für kleinere und mittlere Unternehmen, Ausstiegsklausel auf Wunsch einer Region sowie mehr Schutz für wallonische Bauern und ihre Produkte. Das waren die Punkte, um die es den Wallonen ging.

Im Hintergrund zogen EU-Ratspräsident Donald Tusk und Kommissionschef Jean-Claude Juncker die Fäden. Aus Kanada kamen positive Signale, das Freihandelsabkommen weiterhin unterschreiben zu wollen. Bedingung dafür ist die CETA-Zustimmung der belgischen Regierung.

Heute, Donnerstag, war ursprünglich die feierliche Unterzeichnung des CETA-Vertrages geplant. Es ist unwahrscheinlich, dass es dazu kommt. Auch wenn es eine Einigung gibt, braucht es noch ein formales Procedere: Alle 28 EU-Botschafter müssen zustimmen, auch die belgischen Regionalparlamente.

Der linksliberale kanadische Ministerpräsident Justin Trudeau will anreisen, "als Zeichen der Freundschaft", heißt es in Brüssel. Heute, am späteren Nachmittag, ist ein Treffen im Terminkalender von Juncker eingetragen.

Skeptische Töne kamen gestern – wie zuvor – aus Namur, der Hauptstadt der Wallonie. Viele sozialistische Abgeordnete trauen dem Freihandel nicht – und sie gönnen der föderalen Mitte-Rechts-Regierung keinen Erfolg.

Insgesamt sind gut zwei Drittel der 3,6 Millionen Einwohner zählenden Wallonie gegen CETA, in Flandern hingegen nur etwas mehr als 20 Prozent. Der Freihandels vertiefte zuletzt die Kluft zwischen der französischsprachigen Wallonie und dem niederländischsprachigen Flandern. Seit Langem liegen diese beiden Landesteile im Sprachen-Clinch und entwickeln sich auch wirtschaftlich auseinander.

"Waffen statt Birnen"

Der flämische Ministerpräsident von der nationalistischen Partei N-VA, Geert Bourgeois, drückte es gestern drastisch aus: "Die sozialistische Partei der Wallonie verkauft lieber Waffen an Saudi-Arabien als Äpfel und Birnen an Kanada." Der wallonische Waffenhersteller FN Herstal gehört nämlich der Provinzregierung.

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