CDU: Zwischen Aufbruch und Aufruhr

CDU: Zwischen Aufbruch und Aufruhr
Das Rennen um den CDU-Vorsitz ging knapp aus, die Partei muss sich jetzt wiederfinden.

Montag, Wochenbeginn. Die CDU hat ein heftiges Wochenende hinter sich, nichts ist mehr so wie vorher: Angela Merkel wurde nach 18 Jahren als Parteivorsitzende verabschiedet, ihre Wunschkandidatin Annegret Kramp-Karrenbauer setzte sich in einer Stichwahl mit 51,8 Prozent gegen Polit-Rückkehrer Friedrich Merz durch. Was davon bleibt: Erleichterung sowie Enttäuschung in den jeweiligen Lagern.

Erstes Friedensangebot

Aber zurück zum Wochenende: Noch am Samstag macht die designierte Parteichefin Kramp-Karrenbauer ein erstes Friedensangebot an das Merz-Lager: Sie schlägt Paul Ziemiak als neuen CDU-Generalsekretär vor. Der 33-jährige Chef der Jungen Union (JU) ist ein Freund von Jens Spahn, kommt wie Friedrich Merz aus dem Sauerland (NRW) und hat sich einen Namen als Merkel-Kritiker gemacht.

Dennoch erhält er bei der Abstimmung magere 62,8 Prozent der Stimmen und bedankt sich für das "ehrliche Ergebnis". Wirklich überrascht hat es ihn vielleicht nicht. Schon in seiner Bewerbungsrede war herauszuhören, dass es einige gibt, die ihm den "Seitenwechsel" verübeln würden.

Im Hintergrund ist zu hören, dass einige den Verdacht der Absprache hegen. Der JU-Chef hat frühe Gerüchte zu seiner möglichen Berufung immer abgewiegelt. Kramp-Karrenbuer erklärt nun, dass sie ihn vor Wochen angesprochen, er aber abgesagt habe. Bei ihrer zweiten Anfrage am Wahlabend hätte er es sich anders überlegt. Etwas zu schnell, wie manche Unterstützer bzw. Merz-Anhänger befinden und ihren Ärger in der Wahlkabine auslassen. Dass er sich in den vergangenen Wochen nicht klar für den von der JU favorisierten Kandidaten Merz ausgesprochen hatte, könnte dies zusätzlich befeuert haben.

Ob er aus Karriere-Kalkül gehandelt hat, lässt sich ebenso wenig bestätigen wie die anderen Gerüchte an diesem Wochenende. Von Parteiaustritten einzelner Mitglieder ist die Rede, auch Verschwörungstheorien machen die Runde - a la Friedrich Merz wurde das Mikro gedimmt, so verfing seine Rede nicht. Für den Geschmack manche Unterstützer blieb sie aber auch einfach hinter den Erwartungen. Merz hätte mehr staatstragend doziert, als mobilisiert, hört man an anderer Stelle.

Frust und Forderungen

Es wird sicher noch dauern, bis die Enttäuschung überwunden ist, sagt einer der Merzianer. Von der neuen Chefin hätte man sich am Wahlabend mehr Ansprache und Angebote gewünscht.

Und da ist auch noch ihre Hoffnung, Merz könnte sich weiter in die Partei einbringen, wie er nach seiner Niederlage versprochen hatte. Kramp-Karrenbauers Angebot, an vorderster Front mitzuarbeiten, hatte der 63-Jährige abgelehnt, ebenso eine Bewerbung für das Parteipräsidium. Fast flehentlich wendet sich am Samstag Carsten Linnemann, Chef der Mittelstandsunion, an das Plenum bzw. an den abwesenden Merz: „Friedrich, wir brauchen dich, verdammt noch mal!“ Bis dato kam noch kein Signal. Ein solches erwartet sich Linnemann auch von der neuen Vorsitzenden, wie er dann Sonntagabend im ZDF erklärt. Sie müsse etwa einige Punkte von Friedrich Merz aufnehmen, etwa die "Agenda für die Fleißigen" und er fordert eine klare Linie bei Themen wie Integration und dem politischen Islam. Die Parteichefin in spe kündigte in der Bild am Sonntag bereits ein ähnliches Vorhaben an. Sie wolle noch im Jänner ein "Werkstättengespräch" zu den Themen Migration und Sicherheit führen - mit Experten und Kritikern.

Einen neuen Unterstützer hat sie immerhin schon auf ihrer Seite: CSU-Chef Horst Seehofer gratuliert der neuen Vorsitzenden noch am Freitagabend via Twitter, er freue sich auf die Zusammenarbeit. Es war übrigens die erste Botschaft des 69-Jährigen über den Kurznachrichtendienst, was für ein historisches Wochenende.

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