Causa Aliyev: Anleitung für Geheimdienst

Causa Aliyev: Anleitung für Geheimdienst
Wie Kasachstan seinem Ex-Botschafter ein Strafverfahren umhängte

Mit allen Ehren wurde Nursultan Nasarbajew vor knapp einem Monat in Wien empfangen. Hatte der Präsident der ressourcenreichen Steppenrepublik doch ein dickes Auftragsbuch für österreichische Firmen im Gepäck und musste entsprechend hofiert werden. Dass Österreich kurz zuvor die Nationalmannschaft Kasachstans in der WM-Qualifikation (verdient) mit 4:0 abservierte, dürfte Nasarbajew weniger gut gefallen haben. Das Land am Kaspischen Meer, das auf riesigen Ölvorräten sitzt, hat nicht nur ehrgeizige wirtschaftliche Ziele, sondern investiert auch großzügig in sein Fußballteam.
Ein Thema, mit dem der autoritäre Staatschef gar keine Freude hat, wurde beim Staatsbesuch wohlweislich ausgeklammert. Die heikle Causa hatte schon für Verstimmungen in den diplomatischen Beziehungen gesorgt: Rakhat Aliyev , ehemaliger Schwiegersohn und Ex-Botschafter in Österreich.

Causa Aliyev: Anleitung für Geheimdienst

Fußballfan Aliyev war mit seinem Schwiegervater politisch über Kreuz gekommen. In Kasachstan wird ihm vorgeworfen, er habe zwei Manager der damals ihm gehörenden Nurbank entführen und ermorden lassen. Er wurde in seiner Heimat in Abwesenheit verurteilt, sein beträchtliches Vermögen, darunter in Medien, beschlagnahmt. Österreich lehnte die Auslieferung an Kasachstan ab, er habe keinen fairen Prozess zu erwarten. Die heimische Justiz führt für Kasachstan die Strafverfahren gegen Aliyev. Der kooperiert, bunkert sich derzeit aber lieber in Malta ein. 6,9 Millionen Euro investierte er noch in das Media Quarter Marx , das neue Medienzentrum der Stadt Wien.

Auf den verstoßenen Schwiegersohn wurde der kasachische Geheimdienst angesetzt. Pikanterie am Rande – Aliyev war vor seiner Diplomatenkarriere selbst Geheimdienstchef. Der KNB fand jedenfalls bereitwillige Helfer in der österreichischen Exekutive. Das Zusammenspiel flog auf und der Polizist Christian P. (Name der Red. bekannt) wurde im April 2012 rechtskräftig zu 24 Monaten bedingt auf drei Jahre abgestraft. Wegen Beteiligung am Amtsmissbrauch. Er gab einem Offizier
des KNB der Amtsverschwiegenheit unterliegende Daten von Aliyev weiter, führte während der Dienstzeit Observationen durch und erhielt mehr als 36.000 Euro. Ein zweiter Ermittler fasste acht Monate bedingt aus.

Jetzt tauchte im Aliyev-Strafakt ein brisantes Mail von Christian P. an Leonid B. , Mitarbeiter des kasachischen Auslandsgeheimdienstes, auf. Darin erklärte der Ermittler im November 2008, wie man Aliyev ein Geldwäsche-Verfahren in Österreich anhängen könnte. Voraussetzung dafür sei der Verdacht der Untreue. Der Tatort müsse im Inland sein, der Geschädigte die Republik Kasachstan und Aliyev dürfe keine diplomatische Immunität mehr genießen. „Eine eindeutige Anleitung, wie Dr. Aliyev mit einem konstruierten Vorwurf verfolgt werden kann“, empört sich Aliyev-Anwalt Otto Dietrich . Letztendlich sei „die kasachische Seite genau dieser Anleitung gefolgt“. Tatsächlich brachte die Fußballföderation Kasachstans (FFK) im Mai 2010 über die Wiener Anwaltskanzlei Lansky, Ganzger + partner eine Sachverhaltsdarstellung bei der Staatsanwaltschaft ein. Vorwurf: Aliyev, bis 2007 Präsident des kasachischen Fußballverbandes, habe über die Wiener Firma S.T.A.R.T. mittels Scheinverträgen und getürkten Rechnungen rund 1,4 Millionen Euro in die eigene Kasse abgezweigt.

Seit zwei Jahren läuft nun schon das Verfahren. „Dass die Gelder des Fußballverbandes widmungsgemäß verwendet wurden, wurde mehrfach nachgewiesen. Die in der Strafanzeige gemachten Vorwürfe stimmen nicht einmal mit den in der Strafanzeige vorgelegten Urkunden überein“, argumentiert Verteidiger Dietrich. So stammen 371.000 Euro vom „Fonds der Fußballförderung“, der von Aliyev-Stiftungen gespeist wurde. Rund 500.000 Euro wurden dem Wiener Fußballclub Vienna zur Verfügung gestellt. Aliyev hatte als Botschafter seinen Sohn auf der Hohen Warte trainieren lassen und eine Kooperation mit dem
kasachischen Nationalteam aufgebaut. Die Buchhaltung dürfte freilich nicht sehr exakt geführt worden sein, Rechnungszweck und Inhalt stimmen oft nicht überein.
Anwalt Gabriel Lansky , der auch die Witwen der ermordeten kasachischen Banker vertritt, spricht dagegen von „absurden Schutzbehauptungen, weil die Situation für Aliyev zunehmend ungemütlich wird und das auch für seine Anwälte“.

Die Staatsanwaltschaft habe nach umfangreichen Erhebungen im Sommer 2012 eine Hausdurchsuchung beim Geschäftsführer der S.T.A.R.T. und Treuhänder von Aliyev angeordnet. Zum Mail des eifrigen Polizisten: „Glauben Sie mir, als eine der größten Kanzleien Österreichs brauchen wir wirklich keine Tipps von Herrn P., wie man eine Anzeige einbringt.“ Nachsatz: Alle Behauptungen, „dass wir irgendetwas manipuliert oder bewusst verwechselt hätten, weisen wir entschieden zurück“.

Im Vorjahr hatte Lansky Verdächtige im Fall Aliyev während ihrer Einvernahme im Bundeskriminalamt bespitzeln lassen. Grundsätzlich nicht verboten. Die Observation geriet allerdings zur Agenten-Posse. Die vorgebliche Profi-Detektivtruppe aus München stellte sich derart patschert an, dass Beamte des BKA aufmerksam wurden. Einer der Möchtegern-James-Bonds wurde im Auto liegend mit einem Fernglas erwischt. Erklärung: Er sei Jäger ... Die Staatsanwaltschaft gibt zur gesamten Causa keinen Kommentar mehr ab.

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