Castro: Mehr Mut zum Kapitalismus

Fidel Castro, im Hintergrund, Staatschef Raul Castro am Parteitag.
Beim KP-Parteitag verkündet der Staatschef Reformen für die Wirtschaft, aber keine Öffnung für die Politik.

Mit flammenden Appellen, die "veraltete Mentalität aus der Sowjetzeit" über Bord zu werfen, eröffnete Raul Castro am Sonntag den Parteitag der alleinherrschenden Kommunistischen Partei (KP) auf Kuba. Für die Castro-Brüder Fidel – den ehemaligen – und Raul – den nunmehrigen – Staatschef, wird der Kongress der letzte unter ihrer Leitung sein. 55 Jahre haben die Castros die karibische Insel geführt. Im Februar 2018 will auch der heute 84-jährige Raul Castro die Staatsagenden abgeben. Die gesamte Partei, so lautet der Wunsch des kubanischen Staatschefs, müsse nun an eine jüngere Generation übergeben werden.

Für diese Zeitenwende gab Raul Castro den 1000 Parteitags-Delegierten auch gleich die Marschrichtung vor: Weg von den alten, marktfeindlichen Denkmustern, hin zu Wirtschaftsreformen, mehr Marktöffnung, und höherer Produktivität. Was man für Kuba aber keinesfalls wolle: Neo-liberale Wirtschaftsrezepte der USA oder Schocktherapien für die kubanische Volkswirtschaft.

Vielmehr schwebt Raul Castro das chinesische Modell vor: Große Freiheit für die Wirtschaft, Förderung des Unternehmertums – aber keine Lockerung des Einparteiensystems.

Auf der Hut

"Wir Kubaner müssen auf der Hut sein, mehr denn je", warnte Castro. Woher die Gefahr droht? "Von mächtigen externen Kräften, die ein Ende der Revolution herbeiführen wollen", befürchtet der Staatschef Unterwanderungsversuche der USA, ohne diese explizit auszusprechen. Zu schneller Wirtschaftswandel sei für Kuba ebenso gefährlich wie der zu langsame.

Seit Kubas KP beim Parteitag 2011 die überraschende Abkehr von der kommunistischen Planwirtschaft verkündet hatte, blieb die Entwicklung der Insel hinter den Erwartungen zurück. Zwar arbeiten bereits rund 500.000 Kubaner im privaten Sektor, meist in winzigen Betrieben, Läden oder Restaurants, doch auch Raul Castro musste zugeben: Nur ein Fünftel der angestrebten Wirtschaftsreformen wurde umgesetzt.

Castro: Mehr Mut zum Kapitalismus
epa05222943 A woman walks into a shop in Havana, Cuba, 20 March 2016. US President Barack Obama, will arrrive for an official visit to Cuba from 20 to 22 March 2016, the first US president to visit since Calvin Coolidge 88 years ago, following the restoration of the normalization of diplomatic relations. EPA/MICHAEL REYNOLDS
Das bedeutet: Das durchschnittliche Monatseinkommen von umgerechnet 25 Dollar ist noch immer viel zu niedrig. Um wirklich freie Wirtschaft zu ermöglichen, fehlen noch immer die Rahmenbedingungen. Private Restaurants etwa können oft nur einen Teil ihrer Speisen anbieten, weil die notwendigen Zutaten nicht zu erhalten sind.

Entsprechend ungeduldig sind vor allem die jüngeren Kubaner. Nach der historischen Annäherung zwischen Kuba und dessen Erzfeind USA sind die Erwartungen hoch, dass sich die wirtschaftliche Lage auf der Insel bald bessern könnte. Der vier Tage dauernde KP-Kongress wird ein neues, 14-köpfiges Politbüro küren. Dessen Durchschnittsalter liegt derzeit bei 70 Jahren. Dass jüngere Parteigrößen den politischen Kurs ändern könnten, bezweifelt Rafael Hernandez, Herausgeber eines reformorientierten kubanischen Kulturmagazins: "Sie fühlen sich wohl in ihrer Position. Sie wollen keinen Wandel. Sie wollen ihre Macht nicht abgeben."

Kommentare