Verteuert, verspätet
Das Beschaffungsamt der Bundeswehr ist bekannt für seine ineffizienten, extrem teuren Rüstungsprojekte. Der Grund: Viele Geräte und Waffensysteme sollen laut BAAINBw extra für die Bundeswehr angefertigt werden und unter anderem Umweltstandards genügen.
So kostete etwa die Beschaffung des Schützenpanzers Puma 1,6 Milliarden Euro mehr als ursprünglich veranschlagt – und kam 57 Monate zu spät. Noch dazu erlebte die Bundeswehr Anfang 2023 ein wahres Debakel, als bei einer Übung alle 18 eingesetzten Schützenpanzer ausfielen. Bei einem brach ein Brand im Kabelraum aus, der Feuerlöscher war jedoch mit „umweltfreundlichem“ Pulver gefüllt, das wiederum die Elektronik des Panzers zerstörte.
Schlauchboote für die Eliteeinheiten der Marine sollten Umweltstandards so sehr genügen, dass deutsche Unternehmen sich außerstande sahen, sie herzustellen. Das finnische Unternehmen, das daraufhin den Zuschlag bekam, musste später abwinken – zu hoch waren die Umweltstandards. Und so verzögerte sich auch hier die viel beschworene „Zeitenwende“, die die deutsche Politik ausgerufen hatte.
Beispiele wie diese gibt es viele: Von 1,3 Milliarden Euro teuren Funkgeräten, die nach Lieferung jedoch nicht in die 34.000 Fahrzeuge passten, über Segelschulschiffe als Millionengräber bis hin zu massiven Mängeln bei der persönlichen Ausrüstung der Soldaten.
Der Journalist Christian Schweppe zeigt diese Mängel in seinem Buch „Zeiten ohne Wende“ deutlich auf. Laut NATO-Schätzung gab die Bundesrepublik 2024 knapp mehr als 92,5 Milliarden Euro aus – damit belegt Deutschland deutlich den zweiten Platz.
Der Zustand der Bundeswehr ist dennoch weiterhin mehr als ausbaufähig.
„Zeitenwende versandet“
„Ich glaube, die Zeitenwende ist gut gestartet, jetzt ist sie versandet“, sagt etwa der ehemalige General Hans-Lothar Domröse zum KURIER. „Die 100 Milliarden Euro für die Bundeswehr sind zwar großteils bis 2027 verplant, aber nicht ausreichend. Es braucht mindestens 300 Milliarden Euro, um die Lücken zu schließen.“
Zwar meinte der deutsche Verteidigungsminister Boris Pistorius bei einem Besuch des BAAINBw, man habe mittlerweile auch dort die „Zeitenwende geschafft“, die Nachricht von der Kiellegung des ersten Spionageboots kam jedoch in derselben Woche: 3,26 Milliarden Euro kosten die drei bestellten Boote letztendlich – ursprünglich hatte man mit zwei Milliarden gerechnet.
Diese speziellen und teuren Bestellungen – in der Bundeswehr auch „Goldrand“ genannt – sollen künftig nicht mehr vorkommen. Pistorius kämpft seit seinem Amtsantritt für eine effizientere und effektivere Bundeswehr – doch der bürokratische Dschungelkampf im deutschen Verteidigungsministerium ist noch lange nicht ausgefochten.
In nahezu allen Waffengattungen gibt es massiven Nachholbedarf für die Bundeswehr – sowohl in Qualität als auch Quantität. Es wäre ein Wunder, gelängen alle künftigen Beschaffungen rechtzeitig und zum Anfangspreis.
Weitere Probleme
Und es sind nicht nur die massiven Ausgaben, die Pistorius Sorgen bereiten dürften: Die Wehrbeauftragte des Deutschen Bundestags, Eva Högl (SPD), sieht allein für die Kasernen einen Investitionsbedarf von 50 Milliarden Euro. In ihrem Jahresbericht kritisiert sie unter anderem „gesundheitsgefährdende Schimmelbildung in den Duschen“. Es ist einer von vielen Punkten im Bericht, die schon allein in puncto Infrastruktur aufgearbeitet gehörten.
Das dürfte unter anderem für das Personalproblem der Bundeswehr verantwortlich sein: Ziel ist es, 203.000 Soldaten zu erreichen, allerdings gibt es nach wie vor Schwierigkeiten, die 180.000 überhaupt zu halten. Waren Ende 2023 181.500 Soldatinnen und Soldaten in der Bundeswehr bedienstet, sind es ein Jahr später 181.150.
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