Duell Scholz gegen Merz: "Sie leben nicht in dieser Welt"

Duell Scholz gegen Merz: "Sie leben nicht in dieser Welt"
Friedrich Merz setzte Olaf Scholz im ersten TV-Duell unter Druck. Der Kanzler nützte seine Chance auf Konter kaum – diese Treffer hätte er aber dringend gebraucht.
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Zusammenfassung

  • Friedrich Merz und Olaf Scholz trafen im ersten TV-Duell aufeinander. Der CDU-Chef war kontrolliert und vermied Fehler, während Olaf Scholz defensiv wirkte.
  • Die SPD steht Umfragen zufolge mit 15 Prozent schwach da, während die Union mit etwa 30 Prozent führt. Auf Platz zwei liegt die AfD, mit der aber niemand koalieren will.
  • Merz kritisierte Scholz' Wirtschaftspolitik scharf, Scholz stand mehrmals kit dem Rücken zur Wand. Der Kanzler selbst attackierte allerdings auch, jedoch weniger überzeugend.

Für den Größenunterschied können sie nichts. Friedrich Merz ist knapp zwei Meter groß, der CDU-Chef ist größer als fast jeder andere deutsche Politiker. Dafür, dass Olaf Scholz auch inhaltlich klein neben ihm wirkt, kann der Kanzler  aber viel: Beim ersten TV-Duell von ARD und ZDF zwischen den beiden lavierte Scholz  oft herum, ließ sich in die Defensive drängen. Wirklich Punkte machte er kaum.

Dabei hätte er die aber dringend gebraucht. Zwei Wochen vor der Bundestagswahl liegt Scholz’ SPD bei 15 bis maximal 18 Prozent, die  Konkurrenz von der Union hat etwa doppelt so viel – 30 bis 31 Prozent. Nicht nur Merz selbst kritisierte angesichts dessen, dass eigentlich  AfD-Chefin Alice Weidel neben ihm stehen müsste, laut Umfragen (rund 21 Prozent) hätte sie mehr Chancen aufs Kanzleramt als Scholz.

Umgang mit AfD Hauptthema im deutschen Kanzlerduell

Chance vertan

In der SPD wollte man das allerdings nicht hören. Nicht nur einige deutsche Medien stilisierten daher das Duell bei Sandra Maischberger und Maybrit Illner zur „letzten Chance“ für Scholz hoch, auch innerhalb seiner Partei wartete man auf den großen Schub: Noch immer  lebt  die Hoffnung, der Wahlkampf 2025 könne so werden wie der 2021, als CDU-Kandidat Armin Laschet sich mit einem unglücklichen Lacher selbst um das Kanzleramt brachte.

Doch Merz tat seinem Kontrahenten diesen Gefallen nicht. Der CDU-Chef, der  bisweilen als unbeherrscht und emotional gilt, also als  Kandidat für selbstbeschädigendes Verhalten, war kontrolliert wie sonst selten. Als Scholz ihm in Bezug auf seine Steuerpläne „Reiche-Leute-Ideologie“ unterstellte, später noch sagte, er würde „lächerlich argumentieren“ und sei seine „Sprechblase schön losgeworden“, sagte Merz – nichts. 

Zwischendrin konnte man deshalb sogar meinen, die Rollen seien vertauscht. Scholz gab den Angreifer, Merz war staatsmännischer, setzte seine Stiche gezielter. Das hatte Kalkül: Nachdem er sich von der AfD im Bundestag hatte stützen lassen, was bei vielen  als Tabubruch ankam, wollte die CDU tunlichst jeden Fehler vermeiden – und Merz auch jene Wähler erreichen, die ihm das Kanzleramt noch nicht zutrauen.

Scholz’ Weltfremdheit

Boshaft und scharfzüngig, wie er es im Bundestag manchmal ist, war er darum nicht. Allzu freundlich ging er mit Scholz aber auch nicht ins Gericht, vor allem nicht bei der Wirtschaft, seinem Lieblingsthema. Da rechnete er dem Kanzler minutiös Fehlleistungen vor, dass Deutschland in das dritte Rezessionsjahr gehe, drei Millionen Arbeitslose und trotzdem 700.000 offene Stellen habe. Als Scholz seine Leistung verteidigte, sagte Merz: „Sie leben nicht in dieser Welt“ – eine fast klassische Attacke. Im Bundestag hat Merz’ Vorwurf, Scholz sei weltfremd in seiner Wahrnehmung, schon Tradition, und auch im Laufe dieses Abends sollten ihn die Zuseher noch öfter hören.

Scholz’ Reaktionen darauf waren meist technisch, juristisch, unemotional – oder merkwürdig. Nach Merz’ Wirtschaftslehrstunde sagte der Kanzler nur: „Ich habe die Ukraine nicht überfallen.“

Schwierige Koalitionsfrage

Den größten Elefanten im Raum sprachen die Moderatorinnen am Schluss an: Ob die beiden eine Koalition miteinander eingehen werden. Die Reaktion war vielsagend: Merz lachte, Scholz lavierte. Wirklich klar machten beide nur, dass sie nicht mit der AfD koalieren würden. 

Scholz wird nach einer Niederlage wohl nichts mehr mitzureden haben.  Die Gespräche nach der Wahl werden damit wohl um einiges komplizierter als dieses Duell.

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