Bürgerprotest: Der Unmut im Iran schwelt weiter

Zwei Monate nach Protestwelle bleiben Probleme ungelöst.

Zwei Monate nach einer beispiellosen Protestwelle im Iran schwelt der Unmut angesichts steigender Lebenshaltungskosten und der hohen Arbeitslosigkeit in der Gesellschaft weiter. Die Regierung ist bemüht, den sozial Schwächsten zu Hilfe zu kommen, doch bleibt sie machtlos gegen den Verfall der Währung und den Anstieg der Inflation. Nun mehren sich Streiks von Arbeitern, um die Auszahlung ausstehender Löhne zu verlangen.

"Hängt den armen Arbeiter, lasst den korrupten Wirtschaftsmann frei!", riefen kürzlich streikende Arbeiter vor der Fabrik des Baumaschinen-Herstellers Hebco in der Stadt Arak, die seit acht Monaten keinen Lohn erhalten haben. Unter Arbeitern ist der Unmut groß angesichts der Vielzahl an Skandalen um Korruption, Steuerhinterziehung und Wirtschaftskriminalität im Land.

Auch in Ahwas protestierten hunderte Arbeiter der National Steel Industrial Group, um von der Konzernleitung die Zahlung ausstehender Gehälter zu fordern und ihre Pensionsansprüche zu verteidigen. Regelmäßig berichten Medien über weitere Proteste gegen den Verfall ihrer Zahlungskraft angesichts der hohen Inflation und des weiter ungebremsten Verfalls des Rials.

Mit Gewalt unterdrückt

Die Proteste zeigen den anhaltenden Unmut zwei Monate nach der landesweiten Protestwelle, die Anfang Jänner rasch das ganze Land erfasste. Grund für die teils gewaltsamen Proteste war die soziale Misere, doch richteten sie sich auch gegen die kostspielige Außenpolitik und das politische System an sich. 25 Menschen wurden getötet, bevor die Proteste erstickt wurden.

"Die Arbeiter sind komplett ratlos", sagte kürzlich Ali Aslani vom Islamischen Rat für Arbeit, einer Art offiziellen Gewerkschaft. "Die offizielle Inflationsrate beträgt neun Prozent, doch entspricht das nicht dem, was die Bevölkerung empfindet." So sagt eine Teheranerin, dass der Preis für das Grundnahrungsmittel Reis binnen weniger Monate um 60 Prozent gestiegen sei.

Angesichts der verbreiteten Unzufriedenheit ist die Regierung von Präsident Hassan Rouhani bemüht, die Lage der sozial Schwächsten zu erleichtern. Ein neuer Entwurf des Haushaltsplans für das neue Jahr, das gemäß dem iranischen Kalender am 20. März beginnt, sieht eine Lohnerhöhung für die Ärmsten um 18 Prozent vor. Auch wurden die Sozialhilfen deutlich angehoben.

Mehr Sozialausgaben versprochen

So verkündete die halbstaatliche Wohlfahrtsorganisation Hilfskomitee Imam Khomeini, die elf Millionen Iraner unterstützt, dass eine fünfköpfige Familie künftig 75 Prozent mehr Geld erhalten werde. Doch in einem Land, in dem die Arbeitslosigkeit dauerhaft bei 11,9 Prozent liegt und unter den 15- bis 24-jährigen sogar 28,4 Prozent erreicht, reicht das alles nicht.

Binnen sechs Monaten hat der Rial rund ein Viertel seines Werts gegenüber dem Dollar verloren. Der Sturz des Rial verteuert Importe und treibt damit die Inflation in die Höhe, die besonders die Ärmsten trifft. Mitte Februar ergriff die Zentralbank Maßnahmen, um den Verfall der Währung zu stoppen, doch waren die Auswirkungen nur von kurzer Dauer.

Rouhani unter Druck

Für Präsident Rouhani ist die Situation brisant. Seine konservativen Gegner werfen ihm schon lange vor, die unteren Schichten zu vernachlässigen. Auch fühlen sie sich in ihrem Misstrauen gegenüber dem Westen bestätigt, da US-Präsident Donald Trump verhindert hat, dass der Iran den vollen wirtschaftlichen Nutzen aus dem Atomabkommen von 2015 zieht.

Teheran hatte sich durch die Aufhebung der im Atomstreit verhängten Finanz- und Handelssanktionen einen Aufschwung erhofft. Doch lassen die fortbestehenden US-Sanktionen viele europäische Konzerne und Banken zögern, im Iran zu investieren. Angesichts von Trumps Drohung, das Atomabkommen ganz aufzukündigen, wird sich daran sobald auch nichts ändern.

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