Scheidung kommt die Briten sehr teuer: Die EU verlangt bis zu 60 Milliarden Euro

Britischen EU-Befürwortern werden Kosten bitter aufstoßen
Gemeinsam eingegangene EU-Verpflichtungen aus der Vergangenheit müssen von London anteilig bezahlt werden.

"Die Austrittsrechnung wird sehr gesalzen sein", kündigte Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker am Dienstag in einer Rede in Brüssel an.

Aufgeregt berichtete das britische Blatt The Telegraph (Ausgabe 21. Februar) über die enormen Kosten, die London nach dem geplanten Brexit 2019 nach Brüssel überweisen muss: Insgesamt bis zu 60 Milliarden Euro.

Das ist keine Voodoo-Zahl, sie basiert auf vertraglichen Vereinbarungen mit Großbritannien. Das Büro von Michel Barnier, EU-Chefverhandler für den Brexit, hat Berechnungen angestellt. Der Think Tank Centre for European Reform kommt ebenfalls zu dieser Summe.

Gemeinsam eingegangene EU-Verpflichtungen aus der Vergangenheit müssten von London anteilig bezahlt werden, betonte kürzlich auch Kommissionssprecher Margaritis Schinas.

Zahlungen bis 2023

Dabei geht es um Budgetverpflichtungen für die Jahre 2014 bis 2020, die Großbritannien unterschrieben hat. Für große Projekte im Rahmen der Regional- und Strukturpolitik oder für Forschung gibt es eine Laufzeit bis 2023. Bis dahin muss Großbritannien noch für die Projekte zahlen. Dazu kommen Löhne für rund 2000 britische EU-Beamte (werden nach dem Austritt nicht gekündigt) und Zahlungen für Tausende Pensionisten. Wie diese Personalkosten geregelt werden, ist offen. Wirksam werden auch Zusagen der Briten, wie etwa die Kosten für das Rettungsprogramm für Irland.

Für die EU ist die Fortzahlung ein wichtiges Thema für die anstehenden Brexit-Verhandlungen, denn die 27 bleibenden Länder werden die Rechnung nicht begleichen.

Die zweijährigen Verhandlungen über den EU-Austritt Großbritanniens sollen beginnen, wenn Premierministerin Theresa May im März das offizielle Trennungsgesuch einreicht.

Brüssel und London geben nun erste Hinweise auf ihre Prioritäten. May will so schnell wie möglich die Rechte von EU-Bürgern in Großbritannien und von Briten in der EU klären und in einem Abkommen festschreiben.

Die EU will Großbritannien erst beim Austritt des Königreiches die Rechnung über ausstehende Verbindlichkeiten vorlegen. Barnier hat hohe Beamte der EU-Staaten darüber informiert, dass in den Austrittsverhandlungen zunächst nur die Berechnungsmethode präsentiert werden solle.

Parallelverhandlungen über Austritt und einen neuen Handelsvertrag, wie es London wünscht, wird die EU sicher nicht zulassen. "Die EU ist ultra-hart", sagt ein britischer Beamter zum KURIER.

Wenn das Vereinigte Königreich wie versprochen das Scheidungsgesuch im März stellt, müssen die Verhandlungen laut Artikel 50 des EU-Vertrages in zwei Jahren abgeschlossen sein.

Österreichs harte Linie

Die Bundesregierung will bei den Brexit-Verhandlungen unnachgiebig sein. "Die Zahlungsverpflichtungen Großbritanniens müssen im Austrittsvertrag fixiert sein. Und als Nettozahler darf es keine Mehrbelastung geben", heißt es im Büro von Bundeskanzler Christian Kern.

Finanzminister Hans Jörg Schelling hat es drastisch in seiner Budgetrede im Herbst formuliert: "Ich bin nicht bereit, eine EU-Haushaltslücke, die sich nach dem Austritt der Briten ergibt, aus zusätzlichem österreichischem Steuergeld zu füllen. Darauf muss sich die Europäische Kommission einstellen."

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