Brexit-Verlängerung: EU hält sich mit Spekulationen zurück

Donald Tusk und Theresa May.
Der EU-Ratspräsident Donald Tusk möchte den Austritt um mindestens ein Jahr verzögern. EU-Kommission will diesbezüglich nicht spekulieren.

EU-Ratspräsident Donald Tusk macht sich für eine deutliche Verlängerung der EU-Mitgliedschaft Großbritanniens stark. Er werde bei den anstehenden Gesprächen vor dem EU-Gipfel an die restlichen 27 Ländern appellieren, offen für eine lange Verzögerung zu seien, schrieb Tusk am Donnerstag auf Twitter.

Das gelte für den Fall, dass Großbritannien seine Brexit-Strategie überdenken wolle und eine Konsens finde müsse. Tusk verstehe unter deutlicher Verlängerung mindestens ein Jahr, erklärte ein EU-Vertreter laut Reuters. Die EU-Spitzen treffen sich nächste Woche Donnerstag und Freitag zum EU-Gipfel in Brüssel.

Das britische Parlament wird am Abend über eine Verzögerung des Ausstiegs abstimmen. Eigentlich soll das Land am 29. März aus der EU austreten.

EU könnte Verlängerung anbieten

Die EU könnte nach Einschätzung Irlands Großbritannien eine Verlängerung um bis zu 21 Monate anbieten. Das könnte das Vereinigte Königreich dazu bringen, seine Brexit-Politik "fundamental zu überdenken", sagt Außenminister Simon Coveney am Donnerstag im Radio. Allerdings müsste das Vereinigte Königreich dann auch an der Europawahl im Mai teilnehmen.

Der deutsche Außenminister Heiko Maas sprach sich unterdessen für eine Verschiebung des Brexit aus. "Bevor es einen ungeregelten Brexit gibt, dann lieber nochmal eine Ehrenrunde und verschieben", sagt er auf Instagram.

 

Kneissl hält Verschiebung für möglich

Außenministerin Karin Kneissl (FPÖ) erwartet im Brexit-Drama eine Verlängerung der Verhandlungsfrist. "Es ist ein Enigma, ein reines Mysterienspiel", sagte Kneissl am Donnerstag in Brüssel nach der Abstimmung im britischen Unterhaus.

Kneissl erwartet eine "operative Zeitfristerstreckung". "Was dann London vorschlägt, um innerhalb dieser neuen Frist neu zu verhandeln, wird sich zeigen." Der britische Generalstaatsanwalt Geoffrey Cox habe die rechtliche Dimension noch einmal dargelegt. "Nachdem der Vertrag als solcher nicht neu aufgemacht wird", sei die Frage, welchen Rechtscharakter und welche Kraft ein neu zu verhandelndes Dokument hätte, so Kneissl.

Kurz unterstützt Idee

Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) hatte einer möglichen Verschiebung des Brexit bereits im Vorfeld seine Unterstützung zugesagt. Er gehe davon aus, dass unter den europäischen Regierungschefs die einhellige Meinung vorherrsche, dass es sinnvoll sei, ein "No Deal"-Szenario zu verhindern, hatte Kurz am Mittwoch im Pressefoyer nach dem Ministerrat gesagt. Darauf, bis zu welchem Termin man den Brexit verschieben könnte, wollte sich der Kanzler nicht festlegen: Dies sei keine Entscheidung, die man allein in Österreich treffen könne. Das Datum der EU-Wahl Ende Mai ist für Kurz "ein sehr wesentliches", denn niemand habe Interesse daran, dass die Briten an dem Urnengang teilnehmen, obwohl sie aus der Union austreten. "Je kürzer die Phase ist, um die wir verlängern, umso besser." Im Idealfall rede man von Wochen und nicht von Monaten, erklärte Kurz.

EU zeigt sich zögerlich

Die EU-Kommission will nicht über eine mögliche Verlängerung des Brexits über den 29. März hinaus spekulieren. Ein Sprecher der Brüsseler Behörde erklärte am Freitag, zunächst müsse Großbritannien einen Antrag stellen und dann hätten die 27 EU-Staaten zu entscheiden. Jedenfalls stehe EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker in ständigem Kontakt mit den 27 Länderchefs der EU.

Auf die Aussage von EU-Ratspräsident Donald Tusk angesprochen, der sich für eine deutliche Verlängerung des Brexits um ein Jahr ausgesprochen hat, wollte der Sprecher nicht eingehen. Auch werde die Kommission nicht bewerten, ob die britische Premierministerin Theresa May nach den beiden Abstimmungsniederlagen des ausverhandelten Brexit-Deals mit der EU völlig die Kontrolle im eigenen Land verloren habe. Jedenfalls habe Juncker den größten Respekt für May und ihre Arbeit, wurde betont.

 

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