Gibraltar: Martialische Töne aus London

Theresa May
Großbritannien sicherte seinem Überseegebiet festen Rückhalt zu.

Im Brexit-Streit um Gibraltar hat Großbritannien seinem Überseegebiet festen Rückhalt zugesichert und Spanien in die Schranken verwiesen. Premierministerin Theresa May habe deswegen am Sonntag mit Gibraltars Regierungschef Fabian Picardo telefoniert, sagte ein Regierungssprecher in London. Großbritannien würde Spanien niemals erlauben, Gibraltar gegen den Willen der ansässigen Bevölkerung übernehmen, sagte May laut Medienberichten.

Man wolle gemeinsam mit Gibraltar für das "bestmögliche Ergebnis" bei den Brexit-Verhandlungen arbeiten. Regelungen gegen den freien Willen der Menschen dort werde sie nicht zustimmen, sagte May im Hinblick auf Besitzansprüche Madrids. Die beiden Länder streiten seit Jahrhunderten um den Landzipfel im Süden der Iberischen Halbinsel.

Auch der britische Verteidigungsminister Michael Fallon sagte Gibraltar Unterstützung zu. Großbritannien werde die Halbinsel bis zum Letzten beschützen.

Zu Krieg bereit?

Der frühere Vorsitzende der Konservativen Partei Michael Howard wollte laut britischen Medienberichten nicht ausschließen, dass May zu einem Krieg zur Verteidigung Gibraltars bereit sei. Er verwies auf zahlreiche Parallelen zum Falklandkrieg: Damals sei mit Margaret Thatcher ebenfalls eine Frau am Ruder gewesen, eine kleine Gruppe von Briten in Bedrängnis und der Gegner sei damals ein spanischsprachiges Land gewesen - so wie Spanien.

Emily Thornberry von der oppositionellen Labour Party bezeichnete solche Kommentare als aufrührerisch und wenig hilfreich für die Verhandlungen.

Spanien mit Vetorecht

Bei den Brexit-Gesprächen soll die spanische Regierung ein Vetorecht bei Entscheidungen über Gibraltar bekommen. Dies geht aus einem am Freitag veröffentlichten EU-Entwurf für die Verhandlungsleitlinien hervor. Während London und Gibraltar den Vorschlag scharf kritisierten, äußerte sich Madrid sehr zufrieden.

Gibraltar werde weder ein politisches Pfand noch Opfer beim Austritt aus der Europäischen Union werden, sagte Picardo dem britischen Nachrichtensender Sky News. Die Leitlinien erlaubten Spanien, "Briten auf Gibraltar zu diskriminieren" und eigene Ziele zu verfolgen. Auch der britische Außenminister Boris Johnson sagte Gibraltar im Kurznachrichtendienst Twitter seine volle Unterstützung zu.

Der spanische Regierungssprecher Inigo Mendez de Vigo betonte, dass der Gibraltar-Vorschlag sein Land sehr zufriedenstelle. Nicht nur die konservative Regierungspartei PP von Mariano Rajoy, sondern auch die oppositionellen Sozialisten und die liberale Partei Ciudadanos seien sich einig, dass sich nun neue Möglichkeiten im Hinblick auf den Landzipfel auftäten, berichtete die Zeitung El Pais.

Austrittsabsicht bekanntgegeben

Großbritannien hatte am Mittwoch den EU-Austritt offiziell verkündet. EU-Ratspräsident Donald Tusk verschickte am Freitag den Entwurf für die Verhandlungsleitlinien an die verbleibenden 27 Mitgliedstaaten.

Darin heißt es: "Wenn das Vereinigte Königreich die Union verlässt, darf kein Abkommen der EU mit dem Vereinigten Königreich ohne Einverständnis zwischen dem Königreich Spanien und dem Vereinigten Königreich auf das Gebiet von Gibraltar angewandt werden."

Über den Entwurf für die Verhandlungsleitlinien soll nun in den nächsten Wochen diskutiert werden. Für den 29. April ist ein EU-Sondergipfel in Brüssel angesetzt. Dort sollen die Staats- und Regierungschefs der verbleibenden EU-Staaten die Verhandlungsleitlinien beschließen.

Pro Jahr besuchen etwa zehn Millionen Urlauber Gibraltar, das auch "Affenfelsen" genannt wird. Mit seinen niedrigen Steuersätzen lockt der Landzipfel, der etwa 32.000 Einwohner hat, auch viele Finanzinstitute, Versicherungen und Betreiber von Online-Spielen an.

Bei einem Referendum im Jahr 2002 stimmten 99 Prozent der Bewohner für einen Verbleib bei Großbritannien. Beim Brexit-Referendum vor neun Monaten votierten etwa 96 Prozent gegen die Trennung von der EU.

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