Brexit-Finale unter Österreichs EU-Vorsitz

Barnier ist als Brexit-Chefunterhändler der EU kompromisslos gegenüber Briten
EU-Chefverhandler für Großbritanniens EU-Austritt Michel Barnier: Maximal 18 Monate lang Gespräche. Schlüsselrolle für Österreichs EU-Vorsitz 2018.

Ungewöhnlich hart macht die EU-Kommission Druck auf Großbritannien. Der französische Chefunterhändler für den Brexit, Michel Barnier, gab am Dienstag in seiner ersten Pressekonferenz die Linie vor: "Auch wenn die EU mit dem Brexit völliges Neuland betritt, werden die Verhandlungen politisch heikel, rechtlich komplex und mit weitreichenden Konsequenzen für Wirtschaft und Menschen auf beiden Seiten des Ärmelkanals sein."

Unter dem Strich machte er klar, dass die EU zu keinem Kompromiss – weder zeitlich noch inhaltlich – bereit sei. "Wir gehen davon aus, dass Premierministerin Theresa May sich an ihr Versprechen hält und das Austrittsansuchen nach Artikel 50 des EU-Vertrages spätestens im März 2017 einreicht. Je früher, desto besser."

Rechtlich sind nach Abgabe des Austrittsbriefes exakt zwei Jahre für Verhandlungen vorgesehen. Hält Theresa May Wort und reicht das Gesuch im März ein, müsste laut Barnier der fertige Scheidungsvertrag im Herbst 2018 vorliegen. "Bis Oktober 2018 muss es die Einigung geben."

Dieser Text wird dann vom Rat, dem EU-Parlament und von Großbritannien genehmigt, das dauert einige Monate bis zum März 2019.

"Kein Rosinenpicken"

Barnier bekräftigte, dass die EU an den vier Freiheiten des Binnenmarktes festhält (Personenfreizügigkeit, freier Waren-, Dienstleistungs-, Kapitalverkehr) und "kein Rosinenpicken" toleriere. Von Überlegungen, durch ein Übergangsabkommen nach 2019 mehr Zeit für Gespräche zur Entflechtung der Beziehungen zwischen der EU und dem Königreich zu schaffen, hält er nichts.

Der Brexit-Chefverhandler erklärte auch, dass es keine parallelen Verhandlungen über den Austritt und die allfälligen neuen Beziehungen des Vereinigten Königreiches geben werde. "Rechtlich ist eine Gleichzeitigkeit nicht möglich."

"Modell Norwegen"

Als Option für eine künftige Beziehung nannte Barnier das "Modell Norwegen". Das Land gehört dem Europäischen Wirtschaftsraum an, hat Zugang zum Binnenmarkt, zahlt dafür aber auch an den EU-Haushalt.

Peilt die EU-Kommission ein Brexit-Abkommen im Oktober 2018 an, dann steht Österreich als EU-Vorsitzland in der zweiten Hälfte des Jahres 2018 vor großen Herausforderungen. Der Scheidungsvertrag wird dann unter der Ägide der österreichischen Bundesregierung politisch finalisiert.

Bis dahin führt allerdings die EU-Kommission die Ausstiegsverhandlungen. Dafür hat der ehemalige Binnenmarkt-Kommissar Barnier eine "Task Force" mit 30 Experten eingesetzt. Die Leitlinien für die Verhandlungen geben die EU-Staats- und Regierungschefs vor.

Außenamt zuständig

Ob Österreich bestimmte Anliegen hat, ist offen. Am Rande des Treffens der EU-Finanzminister in Brüssel betonte Ressortchef Hans Jörg Schelling (ÖVP), dass es erste Planungen gebe, doch "alles läuft über das Außenministerium, das für die EU-Präsidentschaft zuständig ist".

Skeptisch zeigte sich Schelling über den ambitionierten Fahrplan der Kommission. Sobald der Antrag der Briten vorliege, müssten alle Szenarien durchgespielt werden. "Was passiert, wenn man ein Assoziationsabkommen macht oder ein reines Handelsabkommen, oder wenn die Briten gar nichts zahlen wollen. Diese Szenarien sind in Vorbereitung."

Für Empörung bei den Briten sorgt die Ankündigung von Barnier, auf Französisch zu verhandeln. "Unmöglich", hört man aus London. Doch Barnier erwidert gelassen: "Keep calm and negotiate" ("Bleibt ruhig und verhandelt").

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