EU-Vertrag
Und diese Einnahmen könnte ein neuer Handelsvertrag mit der EU noch weiter steigern. Brasilien ist das größte Land des Lateinamerika-Staatenbündnis Mercosur. Seit Jahrzehnten wird mit der EU über einen Handelsvertrag verhandelt. Spanien, derzeit Vorsitzland der EU, sieht ihn als Prestigeprojekt und will ihn nach Möglichkeit zum Abschluss bringen. Soja, Mais und Rindfleisch aus Brasilien könnten dann deutlich leichter nach Europa exportiert werden.
Für Rindfleisch verlangt Europa nicht nur strenge Mengenbeschränkungen, sondern vor allem genaue Angaben über die Herkunft. Für die riesigen Rinderherden, so die Vorstellung in Brüssel, soll kein Regenwald im Amazonas gerodet worden sein. Diese Vorstellung aber ist für Waitz nach seinem Besuch vor Ort naiv: „Diese Rinder haben grundsätzlich keine Ohrmarken, man kann also nicht wissen, woher das Fleisch kommt - und ob dafür Regenwald gerodet wurde.“
Abholzung
Dass Regenwald verschwindet, und zwar weiterhin im Eiltempo, sieht der Grüne als Tatsache. Einstige Feuchtgebiete in Mato Grosso seien in den vergangenen Jahren unaufhörlich geschrumpft. Sogar Naturlandschaften in der Randzone eines Nationalparks seien von riesigen Monokulturen abgelöst worden. Brandrodung sei an der Tagesordnung – „und diese Brände geraten regelmäßig außer Kontrolle.“
Krebs und Fehlgeburten
Mit dem Regenwald und der Savanne sei auch der Lebensraum der Ureinwohner verschwunden. In den ärmlichen Siedlungen, in denen viele heute wohnen, hat der Pestizid-Einsatz seine Spuren hinterlassen: Es gibt erhöhte Raten von Krebs, Fehlgeburten, oder Missbildungen bei Babys. Als „Krieg gegen uns“ würden die Menschen dort, den Einsatz der Pestizide schildern. Wenn sie auf den Feldern, oder bei den Rinderherden der Großgrundbesitzer Arbeit finden würden, dann unter oft erschreckenden Bedingungen, die „sklavenartigen Verhältnissen“ sehr nahe kommen würden.
Die Macht des Gouverneurs
Auch vor neuen linke Regierung des Landes unter dem Präsidenten Lula da Silva sei nicht die große Wende in der Agrarindustrie Brasiliens und bei der Abholzung des Regenwaldes zu erwarten. Erstens habe der nur äußerst wackelige Mehrheiten in den beiden Häusern des Parlaments und zweitens habe in Bundesstaaten wie Mato Grosso vor allem die regionale Regierung und der Gouverneur das Sagen. Dass der in Mato Grosso zugleich Besitzer der größten Goldmine ist, zeige ziemlich deutlich, wessen Interessen die Politik bestimmen würden. Schließlich sei auch der Goldabbau einer der größten Vernichter von Naturlandschaften.
China als Markt
Für Brasiliens Agrarindustrie stehe Europa und ein Handelsabkommen mit der EU ohnehin nicht im Vordergrund. Die Hauptmasse der Erzeugnisse geht ohnehin nach China. Dem geplanten Mercosur-Pakt will der Grüne nicht grundsätzlich eine Absage erteilen. Nur seien große Teile des Abkommens schon vor vielen Jahren entworfen worden.
Ökologische Bedenken
Die müssten jetzt eigentlich neu verhandelt, auf „einen modernen Stand gebracht“ werden. Gerade ökologische Bedenken müssten jetzt, wo der Klimawandel auch in Brasilien immer deutlicher sichtbar wird, viel stärker berücksichtigt werden. Die EU jedenfalls hat ihre Änderungswünsche bereits formuliert, die erste Antwort der Lateinamerikaner nach Brüssel lässt vorerst nicht auf allzu viel Zugeständnisse hoffen. Auch in der EU werden erste Zweifel an dem Pakt laut.
Europa brauche neue Partner, meinen die Befürworter, gerade unter den Demokratien in Lateinamerika. Die Bedenken des Grünen aber sind grundsätzlich: „Die Entwicklung und Modernisierung Brasiliens bringt dieser Pakt nicht weiter.“
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