Dort sorgte die Kunde vom US-Investor für Überraschung und Gesprächsstoff. Nicht ohne Sorgen, wie eine Frau in der Bäckerei berichtet. Die Mieten seien zuletzt gestiegen. Wie soll das weitergehen, wenn ein Werk mit tausenden Mitarbeitern eröffnet? Von bis zu 7.000 Arbeitsplätzen ist die Rede. Wie viele Menschen sich letztlich im Ort niederlassen oder nur hin- und herpendeln, ist unklar.
Das wird nicht ohne Folgen bleiben, glaubt Lothar Runge. Der 78-Jährige sitzt in seinem Büro in der Heimatstube. Er ist Ortsvorsteher, Vorsitzender des Heimatvereins, und lebt seit 60 Jahren in Grünheide. Tesla sieht er als „Hoffnungsschimmer“. Er hofft, dass der Konzern mehr Vielfalt an Berufen mitbringt – für junge, qualifizierte Menschen, die so in der Region bleiben. „Das finde ich gut, das findet erstmals jeder gut“, sagt er und macht eine Pause.
Es gibt viele offene Fragen, etwa zur Entwicklung des öffentlichen Verkehrs und der Wohnsituation. Grünheide ist gefragt bei denen, die ins Grüne und nahe an der Stadt sein wollen. Er rechnet damit, dass die Mieten und Grundstückspreise steigen. Man müsste mehr bauen, doch das Bauland ist knapp. Er fährt mit dem Finger über eine Karte. Hier kann man eine Fläche Wald wegnehmen. Am besten wäre es, die Lücken Richtung Bahnhof aufzuschließen, damit der Verkehr nicht durch den Ort geht, „das ist ein Nadelöhr“. Von seinem Bürofenster aus sieht und hört man Lkw vorbeiziehen, die Maut-Gebühren an der nahe gelegenen Autobahn sparen wollen.
Die Zeit, wo noch weniger Menschen hier lebten, kennt Runge. Zwischen Schautafeln erzählt er die Geschichte von Grünheide: Einst Jagdgebiet, dann Erholungsort für Sommerfrischler aus Berlin. Ältere und neuere Villen säumen das Ufer des Werlsees und Peetzsees. Dort, wo eine Reha-Klinik steht, ein Arbeitgeber für 400 Menschen, residierte einst der KGB. Zu DDR-Zeiten war Lothar Runge auf kommunaler Ebene für den Wohnraum zuständig. Es durften nur drei Einfamilienhäuser pro Jahr errichtet werden, erzählt er. Nach der Wende wurden 1.000 Wohnungen gebaut, heute gibt es einen Campus mit Kindergarten, Schule und Sporthalle. Im Zentrum befindet sich ein Supermarkt, griechisches Restaurant, Friseur. Apotheke und Floristen gibt es ebenfalls. Dazwischen steht das Rathaus. Bürgermeister Arne Christiani trifft man an diesem Tag nicht an. Er ist telefonisch erreichbar und gerade auf dem Weg nach Potsdam zur Tesla-„Taskforce“.
Mittlerweile hat man sich mit dem Investor über einen Kaufvertrag für das Grundstück geeinigt. Bis vor kurzem war unklar, wann er abgeschlossen wird. Was den US-Investor an Brandenburg reizt? Die Nähe zu Berlin, den Universitäten, das vorhandene Zuggleis, der direkte Autobahnanschluss - nach Polen ist es knapp eine halbe Stunde. Von dort könne man ebenfalls Personal rekrutieren, erklärt der Bürgermeister, der zuvor mit Tesla telefoniert hat. Dabei ging es auch um die Stimmung in der Bevölkerung. Er spricht von positivem Optimismus, es seien weder Euphorie noch Hysterie ausgebrochen. Seine Hoffnung: Dass Menschen mit guter Ausbildung, die hier bisher wenig Möglichkeiten gehabt haben, sesshaft bleiben. Natürlich werde man dafür Infrastruktur schaffen müssen: Von Wohnraum, Schulen, Kindergärten, Einkaufseinrichtungen bis zu medizinischer Versorgung sowie dem Ausbau des öffentlichen Verkehrs.
Darüber will Ortsvorsteher Lothar Runge mehr diskutieren. „Die Menschen müssen in die Planung miteinbezogen werden“, findet er. Er hofft, dass am Ende viel für die Leute getan wird. Ein Bürgerhaus für Veranstaltungen schwebt ihm vor, damit kulturell etwas passiert. Mit der Einkommensteuer derer, die hier einmal arbeiten und wohnen, könnte man es finanzieren. Am liebsten wäre ihm die Gewerbesteuer, aber ob die kommt? Bürgermeister Christiani geht davon aus bzw. hofft, dass eine eigene GmbH ür den Standort gegründet wird, und wenn Gewerbesteuer anfällt, diese in Grünheide fällig wird.
Die Unterlagen für die Prüfverfahren hat der Investor bereits eingereicht. Der Bebauungsplan ist seit 2001 rechtskräftig – da wollte BMW ein Werk bauen, ist aber abgesprungen und nach Sachsen gegangen. Läuft diesmal alles nach Plan, werden Ende Februar die ersten Kiefern gefällt.
Kommentare