Brände in Australien: Fake News über "hunderte Brandstifter"

Australischer Premier Scott Morrison in der Kritik
Netzforscher kritisieren Desinformationskampagnen über die Brandursachen in Australien. Auch Politiker teilen zweifelhafte Inhalte.

Die Bilder der riesigen Busch- und Waldbrände in Australien gehen seit Monaten um die Welt. Außer dem Kampf gegen die Flammen wird inzwischen aber auch ein Kampf um die Deutungshoheit geführt: Sind die Brände eine Folge des Klimawandels oder lediglich das Werk krimineller Brandstifter?

Eine Untersuchung der Technischen Universität Queensland hat ergeben, dass zahlreiche Bots und Trolle im Internet Kriminellen die Schuld an den heftigen Bränden zuweisen, um von den katastrophalen Folgen der Erderwärmung abzulenken.

Unter dem Hashtag #arsonemergency (Brandstiftungsnotfall) verbreitet sich in Online-Netzwerken die Theorie, dass die Busch- und Waldbrände in Australien in den meisten Fällen gelegt wurden. Konservative Zeitungen, Onlineportale und Politiker in aller Welt berufen sich auf diese Einträge.

Erwiesene Falschbehauptung

So kursierte im Internet die erwiesenermaßen falsche Behauptung, dass in Australien 180 Menschen wegen Brandstiftung angeklagt worden seien. Auch Donald Trump Junior, der Sohn des US-Präsidenten, verbreitete sie weiter: "Wirklich abstoßend, dass Menschen so etwas tun!", schrieb er auf Twitter. "Mehr als 180 mutmaßliche Brandstifter wurden seit Beginn der Buschbrand-Saison festgenommen."

Die Falschbehauptung geht offenbar zurück auf eine Mitteilung der Polizei des australischen Bundesstaates New South Wales, wonach Ermittlungen gegen 183 Verdächtige wegen Vergehen im Zusammenhang mit den Bränden eingeleitet wurden. Allerdings wurde nur 24 von ihnen absichtliche Brandstiftung zur Last gelegt. Die meisten kamen wegen gedankenlosen Umgangs mit Zigaretten oder der Missachtung von Verboten, wegen der Hitze zu grillen oder zu schleifen, ins Visier der Behörden.

Bots und Trolle

Timothy Graham, ein Experte für digitale Medien an der Technischen Universität des nordostaustralischen Bundesstaates Queensland, hat herausgefunden, dass die Hälfte der Twitter-Nutzer, die unter dem Hashtag #arsonemergency Einträge veröffentlichen, ein für Bots oder Trolle typisches Verhalten zeigen.Bots sind Computerprogramme, die in sozialen Medien wie echte Nutzer agieren und automatisiert Botschaften verbreiten. So können sie Themen setzen und Debatten verfälschen. Internet-Trolle sind reale Nutzer, die bewusst Online-Diskussionen stören, etwa durch das Streuen von Falschinformationen.

Ein Hinweis auf Bots und Trolle sind Nutzernamen, die aus wahllosen Buchstaben- und Zahlenkombinationen bestehen. Ihre Einträge in sozialen Netzwerken wiederholen sich oft, einige dieser Nutzerkonten interagieren nur untereinander. "Unsere Ergebnisse zeigen abgestimmte Bemühungen, die Öffentlichkeit über den Grund für die Buschbrände falsch zu informieren", resümiert Graham gegenüber der Nachrichtenagentur AFP.

Diese Desinformationskampagene sei zwar nicht vergleichbar mit Kampagnen in anderen Ländern wie etwa während des US-Präsidentschaftswahlkampfs 2016. Für Australien habe sie aber ein nie da gewesenes Ausmaß. Von den 300 Twitter-Nutzerkonten und mehr als 1.200 Einträgen, die Graham und seine Mitarbeiter analysierten, ordneten sie nur die Hälfte real existierenden Nutzern zu, die aufrichtig konservative Positionen zu den Buschbränden vertreten.

Blitze, Funkenflug oder Unglücke

Die Behörden wiesen Darstellungen zurück, wonach einige der schlimmsten Brände im Land durch Brandstiftung verursacht werden. Auch die Statistiken früherer Buschbrände sprechen dagegen. Zwar gibt es mitunter Brandstiftungen, vor allem aber zählen Blitze, Funkenflug oder Unglücke zu den Ursachen.

Wissenschafter führen die besonders frühen und heftigen Feuer der aktuellen Buschbrandsaison auf eine lang anhaltende Dürre zurück. Zudem brachten die klimatischen Verhältnisse in der Antarktis und im Indischen Ozean dem Fünften Kontinent heißes, trockenes sowie windiges Wetter. Diese Faktoren werden von Forschern wiederum ebenfalls auf den globalen Klimawandel zurückgeführt.

Graham meint, hinter den Falschinformationen über die Brände in Australien verberge sich "eine globale Kampagne mit dem Ziel, wissenschaftliche Beweise für den Klimawandel zu diskreditieren". Nach Ansicht des Internet-Experten wollen interessierte Kreise zeigen, "dass der Klimawandel nicht real ist". Die Buschbrände hätten ihnen die Gelegenheit geboten, "Australien auf die Weltbühne der globalen Desinformation zu zerren".

 (Von Esther Chan/AFP)

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