Boris Johnson: Das Enfant terrible der britischen Politik wird 60

Boris Johnson: Das Enfant terrible der britischen Politik wird 60
Kehrt Großbritanniens Ex-Premier Boris Johnson, der seine Landsleute aus der EU führte, in die Politik zurück?

Die blonden Haare wie immer kunstvoll verwuschelt, unrasiertes Kinn, der Blick wirkt etwas verschlafen. Klar, das ist er: „Hallo Leute, Boris Johnson hier.“ In einem Videoclip wirbt der konservative Politiker vor der britischen Parlamentswahl am 4. Juli für seinen Parteikollegen Simon Clarke. Ansonsten ist im Wahlkampf nicht viel von Johnson zu sehen - obwohl seine Konservativen in Umfragen rund 20 Punkte hinter der Labour Party von Keir Starmer liegen.

Der Lüge überführt

Es gibt viele Tory-Mitglieder, die den vermutlich besten Wahlkämpfer der Partei gerne viel prominenter einbinden würden als mit ein paar Handyvideos. An diesem Mittwoch wird der ehemalige Premierminister und Bürgermeister von London, der Populist und mehrfach der Lüge überführte Boris Johnson, 60 Jahre alt.

Boris Johnson: Das Enfant terrible der britischen Politik wird 60

Boris Johnson beim "World Future Energy Summit" 2024 in Abu Dhabi

2019 noch hatte er die Konservativen zu einer überwältigenden Mehrheit von 80 Sitzen geführt. In der kommenden Wahl kandidiert Johnson nicht. Vor gut einem Jahr hatte er sein Mandat im Unterhaus niedergelegt und war damit einer Suspendierung - er hatte das Parlament belogen - zuvorgekommen.

Über seine Gründe, nicht zur Wahl anzutreten, lässt sich trefflich spekulieren. Es hat eher weniger damit zu tun, dass Johnsons Beliebtheit wegen seiner Skandale und dem Chaos, das er in der Regierung anrichtete, gesunken ist. Genügend Fans sind noch da.

Er sei eher damit beschäftigt, mit Reden viel Geld zu verdienen und sich seinen Buchprojekten zu widmen, heißt es. Andere vermuten, dass Johnson nicht mit dem desaströsen Wahlergebnis in Verbindung gebracht werden will, auf das die Tories zusteuern. Mehr noch: Er wolle seinen Intimfeind und Nach-Nachfolger Rishi Sunak hochkant scheitern lassen. Auch deshalb die Unterstützung für den ausgesprochenen Sunak-Kritiker Clarke.

Boris Johnson: Das Enfant terrible der britischen Politik wird 60

Johnson auf dem Weg zur Befragung nach den Parties am Regierungssitz während der Corona-Pandemie

Johnson sieht in dem amtierenden Premierminister, der unter ihm als Finanzminister diente, einen Verräter, der Schuld an seinem Ende in der Downing Street ist. Das hat Johnson nie konkret so gesagt, aber seine Verbündeten wie Ex-Kulturministerin Nadine Dorries lassen keinen Zweifel daran, dass er so denkt.

Acht Kinder

Mit Ehefrau Carrie und den drei gemeinsamen Kindern lebt Johnson in einem denkmalgeschützten Anwesen in der Grafschaft Oxfordshire. Die 36-jährige Carrie Johnson entzückte mit süßen Tauffotos des jüngsten Sohns Frank bei Instagram die Boulevardmedien.  Aus der ersten Ehe mit der Anwältin Marina Wheeler hat er vier erwachsene Kinder, zudem entstammt eine Tochter im Teenager-Alter einer Affäre.

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Boris Johnson als Student an der Oxford University 1986 mit der griechischen Kulturministerin Melina Mercouri

Der Politologe Tim Bale ist sicher, dass Johnson nicht im politischen Schatten bleiben wird. „Ich gehe fest davon aus, dass er irgendwann versuchen wird, wieder ins Parlament einzuziehen, um erneut die Partei anzuführen und das Desaster, das er als Premierminister für das Land und die Partei repräsentiert hat, irgendwie wiedergutzumachen“, sagt der Experte von der Londoner Queen Mary University der Deutschen Presse-Agentur.

Was denn Johnsons größte Leistung in seiner Amtszeit gewesen sei? Für ihn und seine Anhänger sicherlich, den Brexit durchgezogen zu haben, egal, was es kostet, wie Bale sagt. Johnson, der damals als Außenminister zurücktrat, hatte sich vor dem Referendum 2016 zum Brexit-Sprachrohr aufgeschwungen. Dass er dabei ohne mit der Wimper zu zucken eher alternative Fakten zu den britischen EU-Zahlungen verbreitete, war ihm reichlich egal.

Und wie sieht der Politikwissenschaftler selbst Johnsons Beitrag? „Für mich besteht seine Leistung darin, so viele Kollegen und Wähler davon zu überzeugen, dass jemand, der moralisch, charakterlich und intellektuell so offensichtlich ungeeignet für das Amt des Premierministers ist, trotzdem den Posten bekommen sollte“, sagt Bale. Die heftige Antwort überrascht - und zeigt, wie emotional die Personalie Johnson in Großbritannien noch immer ist.

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