Bombenanschläge auf Kirchen in Ägypten: Dutzende Tote und mehr als 100 Verletzte

Eine Verwandte eines der Opfer in Tanta
Selbstmordattentäter sprengten sich in Tanta und Alexandria in die Luft, um Kopten zu töten. Mindestens 41 Menschen starben, mehr als hundert Menschen wurden verletzt.

Die Messe in der koptischen Kirche St. Georg in der nordägyptischen Stadt Tanta war am Palmsonntag sehr gut besucht, als ein furchtbarer Knall das Gotteshaus erschütterte. Ein Selbstmordattentäter hat sich in die Luft gesprengt, wie geschockte Augenzeugen berichteten. Mindestens 25 Menschen wurden bei dem Anschlag im größten christlichen Gotteshaus der Region im Nildelta getötet und 78 verletzt.

Wenige Stunden später die nächste Attacke auf Gläubige: Ein Selbstmordattentäter sprengte sich in der ägyptischen Hafenstadt Alexandria nahe der St. Markus Kirche in die Luft. Dabei starben mindestens 16 Menschen und 41 wurden verwundet. Nach Informationen der staatlichen Zeitung Al-Ahram wollte der Terrorist in die Kirche, aber ihm wurde der Einlass verwehrt. Daher zündete er seinen Sprengstoffgürtel erst nach dem Gottesdienst auf einer Straße. Das Oberhaupt der koptisch-orthodoxen Kirche, Papst Tawadros II., der die Messe gefeiert hatte, entging dem Terror in Alexandria unverletzt.

Papst-Besuch Ende April

Der gestrige Palmsonntag markiert damit den Tag der schwersten Angriffe auf Christen in Ägypten seit Jahren – und die Terrormiliz „Islamischer Staat“ reklamierte sie für sich. Die Bluttaten ereigneten sich kurz vor dem Ägypten-Besuch von Papst Franziskus, der für 28. und 29. April geplant ist. Dabei will der Papst auch mit einem Zusammentreffen mit Papst Tawadros II. seine Solidarität mit den Kopten zum Ausdruck bringen.

Beim Angelusgebet am Palmsonntag verurteilte Franziskus den Anschlag in Ägypten und auch in Schweden. Er bete für die Opfer und deren Angehörige, sowie für all jene, die wegen Kriegen leiden, sagte Franziskus. Kriege seien eine Plage der Menschheit. Gott bekehre die Herzen der Menschen, die " Terror, Gewalt und Tod" verbreichen, sagte der Papst. Er bete auch für die Bekehrung all jener, die mit Waffen handeln.

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"Ungläubige" im Visier

Die Kopten bilden die größte christliche Religionsgemeinschaft im Nahen Osten – und werden als „Ungläubige“ vom IS ins Visier genommen. Erst kurz vor Weihnachten forderte ein Sprengstoffanschlag auf die koptische Kathedrale in Kairo 29 Menschenleben, 47 wurden verletzt. Die Bilder von der Köpfung 21 entführter koptischer Gastarbeiter in Libyen schockten 2015 die ganze Welt. Zuletzt hat der IS im Februar in einem Video zu Gewalt gegen Ägyptens Kopten aufgerufen. Hunderte Angehörige der christlichen Minderheit flohen daraufhin von der Sinai-Halbinsel, wo der IS starke Bastionen hat. Daran konnten auch die Einsätze des ägyptischen Militärs bisher wenig ändern.

"Widerwärtige Tat"

„Der Terrorismus trifft Ägypten erneut, dieses Mal am Palmsonntag“, twitterte der Sprecher des Außenministeriums in Kairo. Es sei eine weitere „widerwärtige Tat“ gegen alle Ägypter. Staatschef Abdel Fattah al-Sisi hat den nationalen Sicherheitsrat einberufen, um über „Konsequenzen“ zu beraten.

Solidarität

Die EU und viele einzelne Staaten rund um den Globus versicherten Ägypten ihrer Solidarität im Kampf gegen den Terrorismus. Russlands Präsident Putin, selbst ein bekennender orthodoxer Christ, betonte in einem Schreiben an al-Sisi, dass alle Staaten im Kampf gegen den Terrorismus zusammenstehen müssen. Österreichs Kanzler Kern sprach von einem „feigen“ Anschlag, er habe al-Sisi seine Anteilnahme und Betroffenheit versichert. Vizekanzler Mitterlehner trauert mit den Angehörigen und betont, der Terror müsse bekämpft und die Christenverfolgung verhindert werden.

Bundespräsident Alexander Van der Bellen und Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) haben die Bombenanschläge auf Kirchen koptischer Christen im Norden Ägyptens am Palmsonntag verurteilt. "Wir trauern um die Opfer, unser Mitgefühl ist bei ihren Angehörigen", ließ der Bundespräsident via Twitter wissen.

Kurz twitterte ebenfalls: "Meine Gedanken sind bei Familien u Freunden d Opfer." Und weiter: "Müssen alles tun, um entschieden gegen Verfolgung von religiösen Minderheiten und vor allem auch gegen #Christenverfolgung vorzugehen!"

Seitens des Außenministeriums teilte Generalsekretär Michael Linhart zudem mit: "Wieder Kopten Ziele von furchtbarem Terror; mein Mitgefühl mit Familien & Freunden der Opfer & allen Ägyptern."

In Deutschland fanden Außenminister Sigmar Gabriel (SPD) und Innenminister Thomas de Maiziere (CDU) scharfe Worte. "Erneut sind christliche Gläubige Ziel einer Bluttat geworden", erklärte Gabriel am Sonntag in Berlin. Er forderte, die Hintergründe aufzuklären und die Täter zur Rechenschaft zu ziehen.

"Dass eine solche Tat Menschen in Ausübung ihrer Religion während des Gottesdienstbesuches am Palmsonntag trifft, empört mich besonders", erklärte de Maiziere ebenfalls in Berlin. "Mein tiefes Mitgefühl gilt den Opfern und ihren Angehörigen, meine Wut den Tätern", fügte er hinzu und forderte eine internationale Zusammenarbeit im Kampf gegen den Terror.

Sowohl Gabriel als auch de Maiziere warnten zugleich davor, dass sich die Gesellschaften durch solche Gewalttaten nicht spalten lassen dürften. "Das Kalkül der Täter, einen Keil in das friedliche Zusammenleben von Menschen unterschiedlicher Glaubensrichtungen zu treiben, darf nicht aufgehen", forderte der Außenminister.

Auch de Maiziere erklärte: "Wir dürfen unsere Gesellschaften nicht spalten lassen, schon gar nicht entlang unterschiedlicher religiöser Überzeugungen."

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