Eine Möglichkeit, die Berichte unabhängig zu überprüfen, gibt es aber nicht. Fakt ist: Vor dem Erdbeben gab es regelmäßig türkische Artillerieangriffe auf Tall Rifaat, türkische Quellen dementieren die Anschuldigungen. Marcus Bachmann von der Organisation „Ärzte ohne Grenzen“ sagte hierzu im Ö1-Morgenjournal: „Wir sind nicht unmittelbar in dem Gebiet tätig, das betroffen sein soll. Menschen, die aus diesen Gebieten in unsere Krankenhäuser kommen, berichten allerdings übereinstimmend darüber.“
Der renommierte Sicherheitsexperte Walter Feichtinger vom Center für Strategische Analysen (CSA) warnt im KURIER-Gespräch aber zur Vorsicht bei Meldungen über die Bombardements. „Vor allem in dieser unübersichtlichen Lage sind solcherlei Meldungen mit äußerster Vorsicht zu sehen“, sagt er.
Für die Versorgung der vom Erdbeben betroffen Gebiete in Syrien und die Verifizierung der Berichte ist die politische Lage ein massives Hindernis. Das Gebiet um die Stadt Idlib kontrolliert der ehemalige Al Qaida-Ableger „Hayat Tahrir al Sham“ – also islamistische Extremisten. Nördlich davon haben von der Türkei geförderte Rebellengruppierungen das Sagen, dazwischen „eingeklemmt“ liegt das Gebiet um Tall Rifaat, von den kurdischen „Syrisch Demokratischen Kräften“ dominiert.
Diese kooperieren seit Beginn der türkischen Invasionen in Nordsyrien immer enger mit der Regierung in Damaskus, um einen weiteren Vormarsch türkischer Kräfte zu erschweren. Gleichzeitig sind die USA ihr wichtigster Partner. Den Luftraum an der türkisch-syrischen Grenze kontrolliert allerdings Russland, der wichtigste Verbündete Bashar al-Assad.
Die EU will Anfang März eine Geberkonferenz für Syrien und die Türkei abhalten. In einem Schreiben an den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan sicherten die EU-Staats- und Regierungschefs Ankara am Donnerstag zu, ihre Unterstützung weiter zu verstärken. Erdoğan, der sich mit Vorwürfen der Opposition konfrontiert sieht, zu lange bei der Hilfe vor Ort gezögert zu haben, wollte sich Donnerstag vom Parlament den ausgerufenen Ausnahmezustand bestätigen lassen. Damit könnte er unter anderem Ausgangssperren verhängen.
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