Zeugin berichtet von Frauen und Kindern in Geiselhaft

Checkpoints in Maiduguri, im Nordosten Nigerias
Die Islamisten sollen bei dem Angriff auf Baga im Nordosten Nigerias hunderte Gefangene genommen haben.

Die Islamistengruppe Boko Haram hält nach Angaben mehrerer Augenzeugen hunderte von Frauen und Kindern im Nordosten Nigerias in Gefangenschaft. "Mehr als 500" Geiseln sollen bei dem Angriff auf die Stadt Baga Anfang Jänner gefangengenommen worden sein und werden seither in einer Schule in der Stadt festgehalten, sagte eine entkommene Augenzeugin laut der Nachrichtenagentur AFP am Freitag.

Die Angaben decken sich laut der Nachrichtenagentur mit denen von anderer Augenzeugen und der NGO Amnesty International. Der Tschad beschloss inzwischen die Entsendung von Truppen in die Nachbarländer Kamerun und Nigeria zur Bekämpfung von Boko Haram. Das tschadische Parlament verabschiedete den Beschluss zu dem Einsatz am Freitag einstimmig. Frankreichs Präsident Francois Hollande bezeichnete in Paris die Taten von Boko Haram als "echte Verbrechen gegen die Menschlichkeit".

Armee wehrte Islamisten ab

Indes wurde bekannt, dass die nigerianische Armee Berichten zufolge einen Vorstoß der radikalislamischen Terrororganisation auf die Stadt Biu im Nordosten des Landes abgewehrt hat. Dabei seien 42 Kämpfer der Gruppe getötet worden, sagte der Sprecher des nationalen nigerianischen Informationszentrums, Mike Omeri, der Zeitung Premium Times am Donnerstag. Aus dem Nachbarland Tschad stammten demnach 15 der Aufständischen. Über mögliche Verluste der Armee wurden keine Angaben gemacht. Der Vorfall ereignete sich den Angaben zufolge bereits am Dienstag.

Nigerias Präsident Goodluck Jonathan besuchte unterdessen das häufig von den Extremisten heimgesuchte Maiduguri in der Provinz Borno. Den dort gegen Boko Haram kämpfenden Soldaten sagte er die Unterstützung der Regierung zu. Einige Experten werteten den Besuch als Wahlkampfmanöver. In dem ölreichen Land steht Mitte Februar die Präsidentschaftswahl an. In den vergangenen Monaten hatte es zunehmend Kritik an Jonathan gegeben. Die Regierung wirkt seit langem hilflos im Kampf gegen die Terroristen, die seit 2009 vor allem den Norden des Landes mit Gewalt überziehen.

AI: "Katastrophales Ausmaß der Verwüstung"

Die Menschenrechtsorganisationen Human Rights Watch (HRW) und Amnesty International (AI) hatten den Extremisten am Donnerstag Gräueltaten vorgeworfen. Laut AI hinterließ ein Großangriff der Gruppe auf die Stadt Baga im Nordosten Nigerias ein "katastrophales Ausmaß der Verwüstung". Vor und nach der Offensive aufgenommene Satellitenbilder zeigen demnach, dass in den Orten Baga and Doron Baga mehr als 3.700 Gebäude zerstört oder beschädigt wurden.

Die Satellitenbilder und Berichte Überlebender legen nach AI-Angaben zudem nahe, dass die Zahl der Opfer wesentlich höher sein muss als die von der Regierung genannte Zahl von 150 Toten. Örtliche Beamte hatten nach den Angriffen, die am 3. Jänner begannen, schon von Hunderten Toten gesprochen. Etwa 20.000 Menschen sind vor den Kämpfen in Nachbarländer geflohen, rund 150.000 Menschen in andere Landesteile Nigerias.

Tschad will Truppen schicken

Der Tschad will unterdessen zur Bekämpfung der Boko Haram Truppen ins Nachbarland Kamerun entsenden. Wie der kamerunische Präsident Paul Biya am Donnerstagabend erklärte, soll ein großes Kontingent der tschadischen Streitkräfte beim Kampf gegen die bewaffneten Islamisten kämpfen. Dies habe der tschadische Staatschef Idriss Deby entschieden.

Boko Haram will im überwiegend muslimischen Norden Nigerias und den angrenzenden Gebieten in Kamerun und dem Tschad einen sogenannten Gottesstaat errichten. Bei Terroranschlägen der Gruppe wurden allein im vergangenen Jahr Tausende Menschen getötet.

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