Böhmermann-Comeback: "Keine Hitler-Witze mehr"

Jan Böhmermann in "Neo Magazin Royale"
Der Satiriker machte sich im ersten "Neo Magazin Royale" nach der Pause über Strafverfolgung lustig. Links-Politiker Gysi kritisierte Erdogan und Vorgehen Merkels nach dem Schmähgedicht.

Der deutsche Satiriker Jan Böhmermann hat in seiner ersten Sendung nach mehrwöchiger Pause die Strafverfolgung gegen ihn wegen seines Erdogan-Gedichts auf die Schaufel genommen. Mit neuen Äußerungen über den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan hielt sich Böhmermann aber in dem am Donnerstagabend wieder ausgestrahlten "Neo Magazin Royale" zurück. Dafür gab es ein "Verafake", in Anlehnung an die "Varoufake"-Gages im Vorjahr (siehe weiter unten).

Gysi in "gesetzestreuester Show"

Was das Thema Erdogan betrifft, übernahm der als Gast eingeladene frühere Linken-Fraktionschef Gregor Gysi Erdogan die Attacken. "Willkommen zurück bei Deutschlands gesetzestreuester Unterhaltungsshow", ließ ihn Böhmermann seine Satire-Show einleiten. "Auf dieser Sendung ist viel Druck. Oft verstoßen Gags gegen die Menschenwürde", sagte er dann selbst zum Auftakt. So werde er jetzt keine Witze mehr über Adolf Hitler machen, denn "es könnte sein, dass mir das als Störung der Totenruhe ausgelegt wird".

Böhmermann-Comeback: "Keine Hitler-Witze mehr"
„Linke“-Fraktionschef Gregor Gysi: Bei Koalition der Oppositionsführer.
Statt eigener Witze las Böhmermann eingesandte Gags von Zuschauern vor, die dafür jeweils 103 Euro erhielten - in Anspielung auf den umstrittenen Strafrechts-Paragrafen 103 wegen Beleidigung ausländischer Staatsoberhäupter, der mit ausdrücklicher Genehmigung von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) Grundlage für die Strafverfolgung gegen Böhmermann ist.

Gedicht "bediente Vorurteile"

Gysi sagte dazu, ihm habe das Gedicht, mit dem Böhmermann Erdogan unter der Gürtellinie angegriffen hatte, nicht gefallen, "weil es alle Vorurteile bedient". Wenn das Gedicht trotzdem so viel Zustimmung bekomme, liege das jedoch daran, dass Erdogan "wirklich eine Scheiß-Politik" mache: "Er verbietet die größte Oppositionszeitung, er verfolgt die Kurden in der Türkei, er bombardiert die Kurden in Syrien, die gegen den Islamischen Staat kämpfen." Die Bundesregierung sage dazu fast gar nichts und "das geht nicht".

Gysi kritisierte in der Sendung auch Merkels Genehmigung zur Strafverfolgung Böhmermanns auf Grundlage eines Paragrafen, den sie selbst abschaffen wolle. "Ich kann doch nicht sagen, den einen, den will ich noch verurteilt sehen." Zudem sei der ganze Paragraf verfassungswidrig, weil er mit zweierlei Maß messe.

Böhmermann selbst äußerte sich vor der Ausstrahlung seiner neuen Sendung schockiert über die Reaktionen auf sein Erdogan-Gedicht. "Ich war dann doch überrascht, dass die Grenzen der Freiheit nicht so großzügig und weit ausgelegt werden, wie ich das bisher immer gedacht habe", sagte er dem ZDF. Ihm sei es darum gegangen, "Grenzen auszuloten".

Schmähgedicht im Bundestag

Für Aufsehen sorgte am Donnerstag im Bundestag der CDU-Abgeordnete Detlef Seif, der in einer Debatte über die Abschaffung des Paragrafen 103 Böhmermanns Gedicht komplett im Parlament vortrug. Damit ist der Text auch in der Mediathek des Bundestages abrufbar. Böhmermann selbst stellte eine Version auf Youtube (siehe unten). Das ZDF hatte die umstrittene Sendung Böhmermanns von Ende März damals aus seiner Mediathek gelöscht - offiziell aus Qualitätsgründen, wie Böhmermann ironisch anmerkte.

"Verafake" statt "Varoufake"

Der Name Recep Tayyip Erdogan hat Gianis Varoufakis in Böhmermanns Vita in letzter Zeit verdrängt. Kaum noch jemand sprach über Böhmermanns "Varoufake"-Satire, mit der er im vergangenen Jahr zum ersten Mal für große Aufmerksamkeit sorgte. Nun legte er auch hier noch einmal nach: Aus Varoufakis wird Vera Int-Veen aus der RTL-Kuppelshow "Schwiegertochter gesucht".

Grinsend behauptete Böhmermann, der Moderatorin in der Show einen falschen Kandidaten untergeschmuggelt zu haben - den "einsamem Eisenbahnfreund Robin". "Den gibt es nämlich nicht. Den haben wir uns komplett ausgedacht!" sagte Böhmermann in einem Einspieler, der genau das beweisen soll. Erinnerungen an den "Varoufake" wurden wach - damals hatte Böhmermann vorgegaukelt, Journalisten ein gefälschtes Video des einstigen griechischen Finanzminister untergejubelt zu haben. In den sozialen Medien machten darauf zahlreiche Witze über das "Verafake" die Runde.

Bei RTL heißt es dazu am Abend, man werde sich die Sendung anschauen "und bei Bedarf mit dem Produzenten austauschen". Int-Veens Managerin will sich zunächst nicht äußern. So bleibt vorerst etwas Verwirrung, ob Böhmermann wirklich wieder ein Coup gelungen ist - oder ob er nur so tut.

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