Eskalation zwischen Thailand und Kambodscha: BM-21 Raketen und F-16 Kampfjets im Einsatz

Massives Feuer mit BM-21-Raketenwerfern, F-16-Einsätze, Schießereien, Tote – der bewaffnete Konflikt an der thailändisch-kambodschanischen Grenze hält an. Beide Seiten beanspruchen Erfolge für sich, die bis dato nicht unabhängig bestätigt werden konnten. Mindestens 15 Menschen – 14 Zivilisten und ein Soldat – wurden bislang getötet. Beide Seiten zeigen bislang keine Bereitschaft zu einer diplomatischen Lösung – schließen einen Dialog aber auch nicht aus. Thailand verhängte am Freitag das Kriegsrecht in acht Grenzbezirken.
Langjähriger Konflikt
Die bewaffneten Auseinandersetzungen könnten sich über Monate hinziehen, ähnlich wie in den bisherigen Eskalationen des Grenzstreits zwischen Thailand und Kambodscha. Es handelt sich um die tödlichsten Zusammenstöße seit fast 15 Jahren. Bei schweren Gefechten in dem Grenzgebiet waren zwischen 2008 und 2011 mehrere Dutzend Menschen getötet und viele weitere verletzt worden.
Der langjährige Konflikt an der 817 Kilometer langen Grenze besteht seit vielen Jahren. Ihr Verlauf wurde noch in der Kolonialzeit festgelegt. Die Regierungen in Bangkok und Phnom Penh interpretieren diese Grenzziehung aber unterschiedlich.
Streit um Tempel
Vor allem geht es bei dem Streit um den Tempel Prasat Preah Vihear (vermutlich aus dem 10. bis 12. Jahrhundert), der seit 2008 zum Weltkulturerbe der Unesco gehört und von beiden Ländern beansprucht wird. Nachdem Kambodscha 1953 von der französischen Kolonialmacht unabhängig geworden war, besetzten thailändische Truppen die Anlage. Im Jahr 1962 entschied der Internationale Gerichtshof in Den Haag, dass der Preah-Vihear-Tempel zu Kambodscha gehört. Die Streitigkeiten blieben bestehen, immer wieder entlud sich der Konflikt brutal.
Nach einigen Jahren der Ruhe flammte der Streit Anfang des Jahres abermals auf: Thailändische Soldaten verboten kambodschanischen Touristen, ihre Nationalhymne bei einem anderen Tempel an der Grenze zu singen.
Gleichzeitig sollen kambodschanische Truppen neue Stellungssysteme errichtet haben. Ende Mai eskalierte die Situation: In einem zehnminütigen Feuergefecht starb ein kambodschanischer Soldat, die Stimmung verschlechterte sich daraufhin rapide. Grenzübergänge wurden geschlossen, Embargos verhängt.
Verhängnisvolles Telefonat
Anfang Juli wurde Thailands Premierministerin Paetongtarn Shinawatra vom Amt suspendiert, nachdem ihr im Umgang mit dem Grenzstreit mögliche Verstöße gegen ethische Grundsätze vorgeworfen wurden. Dabei ging es um ein geleaktes Telefonat mit Hun Sen, dem früheren Langzeitministerpräsidenten und starken Mann in Kambodscha.
Kritiker warfen ihr vor, in dem Telefonat vor Kambodscha zu kuschen und ihr Land zu verraten. Sie selbst erklärte, sie habe versucht, die Spannungen zu beruhigen. Am Mittwoch waren schließlich mehrere thailändische Soldaten durch die Explosion von Landminen in der umstrittenen Region verletzt worden. Einer verlor der Armee zufolge ein Bein. Thailand wirft dem Nachbarland vor, die Minen erst kürzlich verlegt zu haben. Daraufhin wurden auch die diplomatischen Beziehungen zurückgestuft.
Grundsätzlich ist keiner der Staaten gewillt, den Konflikt weiter eskalieren zu lassen – es dürfte vor allem um die Kontrolle über die Tempelanlagen gehen. Es ist durchaus denkbar, dass in den kommenden Monaten ein von einer dritten Macht vermittelter Waffenstillstand gelingt.
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