Blutigste Herrschaft in Afghanistan

Blutigste Herrschaft in Afghanistan
Die Machtübernahme der Taliban erschütterte 2021 die Welt – dann nahm die Aufmerksamkeit ab, trotz zunehmender Grausamkeit des Regimes. Jetzt kehrt die Scharia in ihrer schärfsten Form zurück

Mit öffentlichen Hinrichtungen im Fußballstadium erlangten die Taliban während ihrer ersten Herrschaft (1996 bis 2001) traurige Bekanntheit. 15 Monate nach der neuerlichen Machtübernahme der Islamisten gibt es wieder Steinigungen, Auspeitschungen und bald wohl wieder zur Strafe amputierte Gliedmaßen in Afghanistan. Allen Beteuerungen zum Trotz, diesmal moderater aufzutreten, hat Taliban-Chef Mawlawi Hibatullah Achundsada vor Kurzem angeordnet, die Scharia wieder voll umzusetzen – und zwar so, wie der radikalste Flügel der Extremisten sie versteht.

Erst kürzlich wurden 14 Menschen, darunter drei Frauen, in einem Stadion in der Provinz Logar „für verschiedene Sünden, darunter Ehebruch, Raub und andere Formen der Korruption“, öffentlich ausgepeitscht.

„Fast täglich höre ich von Frauen und Mädchen, die Musik gehört oder telefoniert haben und dafür ausgepeitscht wurden“, berichtet auch die afghanisch-stämmige Autorin Shikiba Babori dem KURIER, „das war vor ein paar Monaten noch nicht so“. Auch vielen Burschen werde die rigide Moral der Taliban zum Verhängnis; schon Telefonate zwischen Menschen verschiedenen Geschlechts würden als verbotener „außerehelicher Kontakt“ gewertet.

Bisher galt die Taliban-Auslegung der Scharia, die bei Diebstahl das Amputieren einer Hand vorsieht, zwar als Rechtsgrundlage. Sie wurde aber kaum umgesetzt. „Wir amputieren noch keine Hände, auch wenn es entsprechende Urteile gibt, weil wir noch nicht die medizinischen Möglichkeiten dafür haben“, sagte ein Richter im Sommer der ARD. Der Verurteilte müsse die Strafe ja überleben.

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