Blümels Brexit-Premiere: "Den Druck erhöhen"

Gernot Blümel mit Smoothie zu Brexit-Gesprächen nach Brüssel.
EU-Minister. Bittere Pille der EU für London.

Die erste große Runde der Brexit-Gespräche segnete im Dezember noch Ex-Kanzler Christian Kern (SPÖ) beim EU-Gipfel ab. Gestern hingegen traf erstmals der für die EU-Agenden zuständige Kanzleramtsminister Gernot Blümel (ÖVP) die Entscheidung für eine maßgebliche Weichenstellung bei den Brexit-Verhandlungen. Auch wenn die Regierung gewechselt hat, bleibt die österreichische Stoßrichtung im Rahmen der Gespräche mit London unverändert: Sich innerhalb der 27 anderen EU-Staaten "nur nicht auseinanderdividieren lassen", sagte Blümel am Montag in Brüssel, "und den Druck erhöhen".

Im Gleichklang mit 26 anderen Europa-Ministern gab Blümel gestern grünes Licht für die zweite Runde der Gespräche. Verabschiedet wurden dabei die Verhandlungsrichtlinien der EU für die sogenannte Übergangszeit – also für jene 21 Monate bis Ende 2020, in denen das Vereinigte Königreich zwar nicht mehr der EU angehören wird, ihren Regeln aber weiter folgen muss.

Klare Vorgaben der EU

Wie die zukünftige Zusammenarbeit aussehen wird, wenn das Vereinigte Königreich im April 2019 die EU verlassen haben wird? "Da liegen seitens Großbritanniens noch keine klaren Vorstellungen auf dem Tisch", sagt Minister Blümel. Umso klarer sind die Vorgaben der EU: Um einen "harten Brexit", also einen EU-Austritt der Briten ohne Abkommen mit der EU, zu vermeiden, hat Brüssel Großbritannien eine Übergangsphase zugestanden. Diese soll gemäß den gestern verabschiedeten Richtlinien bis Ende Dezember 2020 dauern. Angesichts der Tatsache, dass die Ausarbeitung von Handelsabkommen zwischen EU und Drittstaaten stets mehrere Jahren dauerten, mutet auch dieser Zeitraum kurz an. Doch Blümel beharrt: "Ich halte es für notwendig, klar zu machen, dass es einen begrenzten Zeitraum für Verhandlungen gibt."

Doch die wirklich bittere Pille für Großbritannien sind die verschärften Verhandlungsbedingungen: Auch nach dem Austritt aus der EU muss London während der Übergangsphase gegenüber der Union weiter alle Pflichten erfüllen, alle Zahlungen leisten, Zuwanderung und den ungeliebten Europäischen Gerichtshof akzeptieren; es bleibt zudem in der Zollunion und im Binnenmarkt: Gleichzeitig aber verliert Großbritannien alle seine politischen und Mitsprache-Rechte.

Was die Brexiteers als "Zurückgewinnen der Kontrolle" beschworen hatten, scheint damit vorerst in weite Ferne gerückt. Entsprechend wütender Widerstand ist bereits aus London zu hören: "Wir verkommen zum Vasallenstaat", tobte einer der fanatischsten Brexit-Wortführer, der Abgeordnete Rees-Mogg.

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