Ukraine-Konflikt: USA hat geantwortet, Putin braucht Bedenkzeit

Ukraine-Konflikt: USA hat geantwortet, Putin braucht Bedenkzeit
USA und NATO haben auf die Forderungen Russlands geantwortet, Putin wolle darüber nachdenken. Die US-Vizeaußenministerin rechnet mit einem baldigen Angriff Russlands.

Die Souveränität und territoriale Integrität der Ukraine sowie das Recht von Staaten, ihre eigenen Bündnisse zu wählen, muss gewahrt werden. "Die Tür der NATO ist offen und bleibt offen", das hatte US-Außenminister Antony Blinken seinem russischen Amtskollegen Sergej Lawrow bereits bei deren Treffen in Genf vor einer Woche mitgeteilt. Jetzt hat es Russlands Präsident Wladimir Putin auch schriftlich.

Blinken unterstrich, "dass es Kernprinzipien gibt, zu deren Wahrung und Verteidigung wir uns verpflichtet haben", und erteilte den Forderung Moskaus nach Zusagen für ein Ende der NATO-Erweiterung somit eine Absage. Jetzt spekuliert die US-Regierung mit einem baldigen russischen Angriff.

Putin braucht Bedenkzeit

Sergej Lawrow hat mittlerweile Stellung zur Antwort der USA und der NATO gegeben: Die Nachrichtenagentur Interfax zitiert Lawrow mit der Aussage, dass es im wichtigsten Punkt keine positive Aussage der USA gebe. Bei zweitrangigen Fragen gäbe es aber Hoffnung, einen ernsthaften Dialog aufzunehmen.

Die Agentur RIA meldete, Präsident Wladimir Putin werde nun entscheiden, wie es weitergehe. Die Bewertung werde einige Zeit in Anspruch nehmen. Eine Weiterführung des Dialogs sei im Interesse Russlands und der USA. Die bilateralen Kontakte würden zunächst auf Arbeitsebene fortgesetzt, die Präsidenten Putin und Joe Biden würden dann entscheiden, ob und wann sie persönlich zusammenkämen.

Blinken sagte, die USA würden die Antworten nicht veröffentlichen. Er erwarte, in den kommenden Tagen mit Lawrow über das Papier zu sprechen. Es handle sich um einen wichtigen diplomatischen Schritt zur Entspannung der Ukraine-Krise. Man sei in dem Schreiben auf die russischen Bedenken eingegangen. Es würden gegenseitige Transparenz-Maßnahmen bezüglich der militärischen Aufstellung vorgeschlagen. Die USA seien ebenfalls offen für einen Dialog.

Auch die NATO-Staaten haben sich auf eine gemeinsame schriftliche Antwort auf Russlands Vorschlag für neue Sicherheitsvereinbarungen verständigt und diese übermittelt. Das stehe im Einklang mit dem Schreiben der USA, so Blinken. Darin bietet die NATO Russland schriftlich Verhandlungen über eine Verbesserung der Beziehungen an, will allerdings nicht auf Moskaus Forderungen nach einem Stopp der Osterweiterung eingehen.

Die NATO habe Generalsekretär Jens Stoltenberg zufolge der russischen Regierung vorgeschlagen, die nach einem Spionage-Streit geschlossenen Vertretungen in Moskau und Brüssel wieder zu öffnen. Zudem wolle man die bestehenden militärischen Kommunikationskanäle in vollem Umfang nutzen, um die Transparenz zu fördern und Risiken zu verringern. Konkret schlage man vor, in einem ersten Schritt im NATO-Russland-Rat gegenseitige Unterrichtungen zu Manövern und Atompolitik vor.

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USA rechnet mit Angriff

Die schriftlichen Antworten der US-Regierung auf die Sorgen Moskaus sind laut Blinken auch vollständig mit der Ukraine und den europäischen Verbündeten abgestimmt: "Wir haben ihren Input eingeholt und in die endgültige Fassung, die Moskau übermittelt wurde, eingearbeitet."

Die US-Regierung rechnet weiter mit einem baldigen russischen Angriff auf die Ukraine. Das erklärte unterdessen Vize-Außenministerin Wendy Sherman bei einer Online-Veranstaltung des Dialogforums Yalta European Strategy in Kiew. "Ich habe keine Ahnung, ob er eine endgültige Entscheidung getroffen hat", sagte Sherman am Mittwoch über Russlands Präsidenten Wladimir Putin. "Aber alles deutet darauf hin, dass er zu einem Zeitpunkt vielleicht zwischen jetzt und Mitte Februar militärische Gewalt anwenden wird."

Die US-Regierung hatte bereits zuvor den Zeitraum zwischen Mitte Jänner und Mitte Februar als mögliches Zeitfenster für einen russischen Angriff auf die Ukraine genannt.

China ruft zu Zurückhaltung auf

Sherman sagte, der Zeitpunkt eines möglichen Angriffs könnte mit den Olympischen Winterspielen in Peking zusammenhängen. "Wir sind uns alle bewusst, dass die Winterspiele in Peking am 4. Februar beginnen, und dass Präsident Putin an der Eröffnungszeremonie teilnehmen will", sagte die Vize-Außenministerin. "Ich glaube, dass (der chinesische) Präsident Xi Jinping nicht verzückt wäre, wenn Putin diesen Moment aussuchen würde, in die Ukraine einzumarschieren. Das könnte sein Timing und seine Erwägungen beeinflussen."

China hat sich mittlerweile, sicher nicht ganz uneigennützig in Bezug auf die Olympischen Winterspiele, ebenfalls zu Wort gemeldet: In einem Telefonat mit Blinken mahnte Chinas Außenminister Wang Yi alle Parteien, zurückhaltend zu sein, wie das Außenministerium am Donnerstag in Peking berichtete. Es müsse davon abgesehen werden, die Spannungen zu verschärfen oder zu spekulieren, um die Krise zu übertreiben. Man müsse die legitimen Besorgnisse Russlands um seine Sicherheit "ernst nehmen und lösen".

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