Biden verteidigt Afghanistan-Abzug, Evakuierungs-Chaos in Kabul

Biden verteidigt Afghanistan-Abzug, Evakuierungs-Chaos in Kabul
US-Präsident macht mangelnden Kampfwillen der afghanischen Armee verantwortlich. Evakuierung läuft im Chaos an

Eigentlich ist die C-17 Globemaster der US Airforce für den Transport von rund 170 Soldaten vorgesehen. Die riesige Transportmaschine kann natürlich auch gepanzerte Fahrzeuge und schwere Waffen schlucken. Montag Nacht aber hob die C-17 in Kabul mit einer - wie Militärexperten sagen - größten Anzahl an Menschen ab, die jemals an Bord gewesen war. 640 Afghanen hatten die Maschine regelrecht gestürmt, waren über die halboffene Laderampe noch an Bord gelangt. Schließlich beschloss der Pilot das Flugzeug zu starten - erfolgreich.

Die Besatzung der A-400M der deutschen Bundeswehr dagegen ging mit dem Chaos am Flughafen von Kabul völlig anders um. Die Maschine setzte Fallschirmjäger ab, die die Rettungsaktion absichern sollen, nahm auszufliegende Menschen an Bord und startete schnell wieder. Nachdem auch dort eine geordnete Beladung der Maschine nicht möglich war, hob man nach deutschen Medienberichten schließlich mit sage und schreibe 7 Personen an Bord ab. „Mit zu Schützenden ist die Maschine nun auf dem Weg nach Taschkent/Usbekistan“, teilte das Verteidigungsministerium auf Twitter mit. Nach Informationen der "Bild-Zeitung" aus Regierungskreisen konnten wegen der nächtlichen Ausgangssperre nicht mehr zum Flughafen gebracht werden. In den Sozialen Medien kocht die Empörung hoch, man spricht vom völligen Versagen Deutschlands bei der Evakuierung.  

Politische Schockstarre nach Machtübernahme der Taliban

Biden verteidigt Evakuierung

Trotz der raschen Machtübernahme durch die Taliban hat US-Präsident Joe Biden den von ihm angeordneten Abzug des US-Militärs aus Afghanistan verteidigt. Er stehe felsenfest zu seiner Entscheidung, sagte Biden am Montag im Weißen Haus. Es hätte auch keinen Unterschied gemacht, wenn die US-Truppen noch etwas länger in Afghanistan geblieben wären, sagte er. Auch das hätte den mangelnden Kampfwillen der afghanischen Sicherheitskräfte nicht ändern können.

Er sei gegen "endlose Militäreinsätze", betonte Biden. Es war Bidens erste öffentliche Äußerung seit der faktischen Machtübernahme der militant-islamistischen Taliban in Afghanistan und auch der Hauptstadt Kabul.

Er betonte zudem, das ursprüngliche Ziel des US-Einsatzes in Afghanistan, das Ausmerzen der Terrorgruppe Al-Kaida nach den Anschlägen vom 11. September 2001, sei längst erreicht worden. Die USA könnten islamistische Terrorgruppen wie Al-Kaida auch ohne eine permanente Militärpräsenz in dem Zielland effektiv bekämpfen.

Eine letzte Drohung

Das US-Militär zeige das in anderen Ländern wie zum Beispiel Somalia oder Jemen. Falls nötig, könne dies künftig auch in Afghanistan so geschehen. Den Taliban drohte er für den Fall eines Angriffs auf US-Kräfte mit "einer raschen und starken" militärischen Reaktion. Das gelte für jede Handlung der Taliban in Afghanistan, die das US-Personal oder deren Mission gefährden würde.

Biden hatte im Frühjahr angekündigt, dass die damals noch rund 2.500 verbliebenen Soldaten Afghanistan bis zum 20. Jahrestag der Anschläge verlassen sollten. Angesichts des Vormarsches der Taliban verstärkt das US-Militär seine Präsenz allerdings seit letzter Woche wieder, um die Evakuierung des Botschaftspersonals, von amerikanischen Staatsbürgern und von früheren afghanischen Mitarbeitern des US-Militärs zu sichern. Die US-Streitkräfte wollen in Kürze bis zu 6.000 Soldaten am Flughafen in Kabul stationiert haben.

Kommentare