Lob, aber auch Kritik: Besseres Rechtsstaat-"Pickerl" für Österreich

Die Statue der Justizia im Justiz-Palast in Wien
Jüngster Bericht der EU-Kommission konstatiert weiter Mängel in Ungarn und Polen.

Vor einem Jahr hatte die EU-Kommission in ihrem Bericht über die Rechtsstaatlichkeit in Europa für Österreich neben Lob auch eine Portion Kritik parat. Am Mittwoch fiel die Einschätzung der Brüsseler Behörde erheblich besser aus.

„Die Effizienz des österreichischen Justizsystems hat sich weiter verbessert“, ist im gestern präsentierten Bericht lobend zu lesen. Reformen zur Unabhängigkeit der Justiz würden fortgesetzt, darunter besonders jene in Richtung eines weisungsfreien Bundesstaatsanwaltes.

Mängel sieht der Bericht hingegen bei der Bestellung des Präsidenten und der zwei Vize-Präsidenten am Obersten Gericht (OGH). Darüber entscheiden derzeit Bundespräsident und Justizministerin allein, einen Besetzungsvorschlag vom Personalsenat des OGH müssen sie nicht einholen. Brüssel empfehlt aber: Die Justiz müsse in diese Prozedur einbezogen werden.

Ende der Angriffe

Positiv vermerkt wurde auch: Die „negativen öffentlichen Angriffe auf Ermittler gingen in der zweiten Jahreshälfte weiter, haben aber ab 2022 aufgehört.“

Der Report äußert wie im Vorjahr wieder Sorgen über hohe staatliche Werbeausgaben und den damit verbundenen politischen Einfluss. Kritik äußert die EU-Kommission auch zu den Arbeitsbedingungen für Medien. „Während die Standards der journalistischen Profession gut sind, waren Journalisten Drohungen und Schikanen ausgesetzt, insbesondere während Protesten“, heißt es in dem Bericht.

Zu den weiteren Empfehlungen gehört der Abschluss der rechtlichen Überarbeitung der Regeln für die Parteienfinanzierung. Weiters sollte Österreich wirksame Regeln zur Erklärung finanzieller Interessen für Abgeordnete des Parlaments einführen, verbunden mit einem effizienten Monitoring und Sanktionsmechanismen.

Edtstadler: "Werden Empfehlungen studieren"

„Der Bericht der EU-Kommission attestiert Österreich ein hohes Niveau in allen Bereichen der Rechtsstaatlichkeit. Ohne Zweifel gibt es nur an wenigen Orten der Welt so starke Institutionen wie in Österreich", sagt Europaministerin Karoline Edtstadler in einer ersten Reaktion.

In den Bereichen, in denen der Bericht Raum für Verbesserungen sehe, seien bereits Reformen auf den Weg gebracht gebracht worden. "Wir werden die Empfehlungen der Kommission genau studieren, um zu sehen, wo wir noch von anderen lernen und uns verbessern können.“

Sorgenkinder Ungarn und Polen

Einmal im Jahr veröffentlicht die EU-Kommission ihren Rechtsstaat-Prüfbericht, also eine Art „Pickerl“ für den Zustand des Justizsystems, den Kampf gegen Korruption sowie Medienfreiheit in den 27 EU-Staaten. Gravierende Defizite sieht Brüssel dabei in Polen und Ungarn:

Erst nach hohen Strafen durch den Europäischen Gerichtshof (EuGH) gab die nationalkonservative Regierung in Warschau nach: Morgen tritt in Polen ein Gesetz zur Abschaffung der umstrittenen Disziplinarkammer in Kraft, die missliebige Richter entlassen konnte. Brüssel fordert dennoch: Polen müsse die Gewaltenteilung noch besser garantieren.

In Ungarn kritisiert Brüssel ebenfalls den Einfluss der Politik auf die Justiz. Dadurch besteht Korruptionsgefahr – die Veruntreuung von EU-Geldern könnte nicht geahndet werden. Im Vorjahr trat in der EU ein neuer Rechtsstaatsmechanismus in Kraft (siehe Interview). Ungarn und Polen hatten geklagt, doch der EuGH bestätigte: Der Mechanismus ist rechtens. Brüssel hat ihn deswegen im April gegen Ungarn gestartet. Als Folge davon könnten Ungarn Milliarden aus dem EU-Budget vorenthalten werden.

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