Berg-Karabach: Neuerliche Waffenruhe gestartet, Proteste in Armenien
Nach wochenlangen heftigen Kämpfen um Berg-Karabach haben sich Aserbaidschan und Armenien unter russischer Vermittlung auf eine ab Dienstag geltende Waffenruhe geeinigt. Die "vollständige" Feuerpause solle eine "dauerhafte" Beilegung des Konflikts ermöglichen, erklärte Russlands Präsident Wladimir Putin am Montagabend. Armeniens Regierungschef Nikol Paschinian nannte das Abkommen "unsäglich schmerzhaft", der aserbaidschanische Staatschef Ilham Aliyev bejubelte eine "Kapitulation" des Gegners. In Armeniens Hauptstadt Jerewan kam es wegen des Abkommens zu Ausschreitungen.
Nach Angaben Putins sieht das Abkommen vor, dass beide Seiten die derzeit von ihnen besetzten Gebiete weiter halten. Russische Soldaten sollen demnach im Rahmen einer Friedensmission entsandt worden, um an den Frontlinien zu patrouillieren und einen Korridor abzusichern, der Berg-Karabach mit dem armenischen Staatsgebiet verbindet. Wie das Verteidigungsministerium in Moskau mitteilte, ist die Entsendung von 1960 russischen Soldaten und 90 Panzerfahrzeugen geplant.
Friedensmission begonnen
Nach der neuen Vereinbarung haben russische Friedenstruppen ihren Einsatz begonnen. Die ersten vier Flugzeuge vom Typ Iljuschin Il-76 seien in der Nacht auf Dienstag mit Soldaten und gepanzerten Fahrzeugen in die Krisenregion geflogen, teilte das russische Verteidigungsministerium in Moskau der Agentur Interfax zufolge mit. Als offizieller Beginn der Mission sei 7.00 Uhr Ortszeit (4.00 Uhr MEZ) vereinbart worden.
In der Krisenregion selbst blieb es am Dienstagmorgen zunächst ruhig. Weder das armenische Verteidigungsministerium noch das von Aserbaidschan meldeten Gefechte um die bergige Region. Noch am Vortag hatten die Behörden von Berg-Karabach den Verlust der strategisch wichtigen Stadt Schuschi eingeräumt. Zudem war ein russischer Militärhubschrauber von Aserbaidschan abgeschossen worden.
Heftige Proteste
Vor allem in Armenien löste die Nachricht vom Ende der Kämpfe heftige Proteste aus. In der Hauptstadt Jerewan kam es in der Nacht zu Ausschreitungen. Demonstranten besetzten den Regierungssitz und das Parlament. Sie beschimpften den armenischen Regierungschef Nikol Paschinian als Verräter. Paschinian schrieb auf Facebook, er halte sich weiter in Armenien auf und erfülle seine Aufgaben als Ministerpräsident "weiterhin voll und ganz".
Die Gefechte um Berg-Karabach dauern bereits seit Ende September an. Der Konflikt selbst ist schon jahrzehntealt. Aserbaidschan verlor in einem Krieg nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion vor rund 30 Jahren die Kontrolle über das bergige Gebiet mit etwa 145.000 Bewohnern. Seit 1994 galt eine brüchige Waffenruhe. Aserbaidschan beruft sich in dem neuen Krieg auf das Völkerrecht und sucht immer wieder die Unterstützung von seinem "Bruderstaat" Türkei. Armenien wiederum setzt auf Russland als Schutzmacht.
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