Zu Gast bei Trumps Chefdiplomat: Was Meinl-Reisinger in den USA besprochen hat

US-AUSTRIA-DIPLOMACY
Österreichs Außenministerin wurde am Donnerstag in Washington von Marco Rubio empfangen. Über einem "sehr, sehr guten Gespräch" hing der Schatten der Zollverhandlungen zwischen den USA und der EU.

Das US-Außenministerium im Herzen Washingtons ist eigentlich ein schmuckloses Gebäude. Doch hat man sich erst einmal durch mehrere fensterlose, eierschalenfarbene Gänge gewunden, erreicht man schließlich den türkisfarben tapezierten Treaty Room. Hier empfängt der US-Außenminister seine Staatsgäste. 

Am Donnerstag tritt Marco Rubio hier gemeinsam mit Österreichs Außenministerin Beate Meinl-Reisinger vor die Kameras. Ein kurzes Lächeln, ein längeres Händeschütteln, dann ziehen sich die beiden in ein Besprechungszimmer zurück. Fragen sind nicht erlaubt. „Room Spray“ nennen das die Amerikaner.

++ HANDOUT ++ AUSSENMINISTERIN MEINL-REISINGER IN WASHINGTON: MEINL-REISINGER / RUBIO

Österreichs Außeninisterin Beate Meinl-Reisinger (Neos) wurde am Donnerstag von US-Außenminister Marco Rubio in Washington empfangen.

Rubio, der erste Latino-Außenminister der US-Geschichte, ist aktuell auch noch Nationaler Sicherheitsberater des US-Präsidenten, Präsident der zusammengesparten Auslandshilfeagentur USAID und oberster Archivist der Vereinigten Staaten. Daneben zieht er gerade ein rigoroses Sparprogramm im eigenen Ministerium durch. Vielleicht, so scherzen anwesende US-Journalisten, lässt sein Terminkalender gerade einfach keinen Platz für Fragen zu.

Vor dem großen Flaggensaal, in dem Anfang Juli hunderte Beamte des Außenministeriums für ihre rund 1.300 gekündigten Kollegen Spalier gestanden hatten, gibt Meinl-Reisinger rund eine Stunde später Einblicke in ein „sehr, sehr gutes und freundschaftliches Gespräch“.

Dass sie so kurz nach ihrem Amtsantritt vom US-Außenminister empfangen wurde, sei ein Zeichen dafür, „dass die Vorarbeiten gut gelungen sind“. Zweimal hatte sie zuvor schon mit Marco Rubio gesprochen: Einmal, vor ein paar Wochen, bei einem längeren Telefonat, dann persönlich am Rande der Einführungsmesse für Papst Leo XIV. in Rom.

"Keine Unterschiede" in der Haltung zum Nahost-Konflikt

Für das Treffen am Donnerstag hatte man sich vorab auf drei Themenblöcke geeinigt: Die Kriege in der Ukraine und im Nahen Osten sowie die gegenseitigen Wirtschaftsbeziehungen – die aktuell vom Zollstreit zwischen der Trump-Regierung und der EU-Kommission überschattet werden.

Den Brief an die israelische Regierung, den die Neos-Chefin gemeinsam mit 27 weiteren Außenministern unterschrieben und damit für Spannungen innerhalb der eigenen Koalition gesorgt hatte, habe der US-Außenminister nicht angesprochen. Es gebe ohnehin „keine Unterschiede“ zwischen den Haltungen Österreichs und der Vereinigten Staaten im Nahost-Konflikt.

Die Hamas müsse endlich aufhören, auf Zeit zu spielen und alle israelischen Geiseln freilassen. Sie sei „sehr dankbar“ dafür, dass die Trump-Regierung so viel für einen Geiseldeal, die Sicherheit Israels und die Verbesserung der humanitären Lage in Gaza unternehmen - „Und da sind wir uns einig, dass die verbessert gehört.“

Wien als Standort für Ukraine-Verhandlungen angeboten

Auch bei der Suche nach Frieden im Ukraine-Krieg steht man – inzwischen – wieder auf derselben Seite. Nachdem Rubio zu Beginn seiner Amtszeit direkt mit russischen Vertretern in Doha verhandelt hatte, übt die Trump-Regierung inzwischen wieder großen Druck auf Moskau aus – und unterstützt die Ukraine.

Wien stehe für mögliche Friedensverhandlungen „immer als Standort zur Verfügung“, sagt Meinl-Reisinger. Gerade russische Offizielle seien immer wieder zu Verhandlungen bei internationalen Organisationen wie der UNO oder der OSZE in der Stadt. Auf dieser Grundlage könne man „eine Architektur für Frieden“ bauen.

Zollverhandlungen überschatten das Treffen

Weit auseinander liegen Österreich und die USA dagegen in Handelsfragen. Die vom US-Präsidenten verhängte Frist für ein Handelsabkommen mit der EU läuft bekanntlich am 1. August aus. 

Sollte es bis dahin keine Einigung geben, hat Trump Strafzölle in Höhe von 30 Prozent auf alle EU-Importe in den USA angedroht. Die EU hat für diesen Fall bereits Gegenmaßnahmen vorbereitet, jüngsten Medienberichten zufolge liegt eine Einigung auf Zölle in Höhe von 15 Prozent auf dem Tisch.

Zwar sind weder Rubio noch sie selbst in die Zollverhandlungen involviert, trotzdem habe Meinl-Reisinger bei dem Treffen noch einmal betont, dass beide Seiten von einer Lösung auf dem Verhandlungstisch profitieren würden. 

Eine Eskalation mit gegenseitigen Gegenzöllen wäre für die Außenministerin „eine Lose-Lose-Situation“: „Wir stehen für freien und fairen Handel ein, der hat beide Länder stärker gemacht.“

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Beate Meinl-Reisinger und Marco Rubio.

Die USA sind für Österreich die zweitgrößte Exportdestination, nur nach Deutschland liefern österreichische Firmen mehr Waren. Im Vorjahr verschiffte Österreich Waren im Wert von mehr als 16,2 Milliarden Euro über den Atlantik, so viele wie nie zuvor. Meinl-Reisinger meint deshalb: „Die transatlantische Achse ist nach wie vor stark“.

"Trump sieht die EU als Widersacher"

Allerdings scheint die Trump-Regierung diesen Glauben verloren zu haben. Das legten Vertreter mehrerer US-Thinktanks offen, die Meinl-Reisinger am Vorabend zu einer Gesprächsrunde traf. Trump sehe in der EU eine politische Struktur, die nur geschaffen wurde, „damit sich kleine Staaten gegen die USA verbünden können“, erklärte etwa die Politologin Frances Burwell vom liberalen Atlantic Council. 

Nile Gardener, Europa-Analyst bei der erzkonservativen Heritage Foundation, meinte gar: „Trump sieht die EU als Widersacher an. Er glaubt, dass das europäische Projekt den Kerninteressen der USA feindselig gegenübersteht.“ Auch US-Vizepräsident JD Vance und Außenminister Rubio würden so denken.

Die Außenministerin hielt dagegen. Sie habe Verständnis für Trumps „America First“-Strategie; es sei schließlich das Ziel eines jeden Politikers, für die eigene Klientel und das eigene Volk zu arbeiten. „Wenn daraus aber eine Haltung nach dem Motto ‚America alone‘ wird, habe ich kein Verständnis“.

Treffen mit Handelsbeauftragtem Greer

Am Donnerstagnachmittag nimmt Meinl-Reisinger weitere Termine in der US-Hauptstadt wahr, trifft dabei unter anderem auf das demokratische Urgestein Nancy Pelosi sowie Trumps Handelsbeauftragen Jamieson Greer - der ist bisher bei jeder Verhandlungsrunde im Zollstreit zwischen der Trump-Regierung und der EU-Kommission mit am Tisch gesessen. 

Doch glaubt man, was führende EU-Verhandler berichten, hängt das Zustandekommen eines Abkommens am Ende ohnehin nur von den Launen jenes Mannes ab, den Meinl-Reisinger in Washington nicht trifft: Donald Trump.

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