Bangladesch: Demonstranten stürmten Regierungssitz, Premier zurückgetreten

Bangladesch: Demonstranten stürmten Regierungssitz, Premier zurückgetreten
Am Wochenende ist die Gesamtzahl der Toten bei den gewaltsamen Protesten gegen Regierungschefin Sheikh Hasina auf mindestens 300 gestiegen.

Nach tagelangen Protesten und Ausschreitungen in Bangladesch ist Premierministerin Sheikh Hasina laut mehreren Medienberichten zurückgetreten und nach Indien geflohen. Tausende Menschen sollen ihren Amtssitz gestürmt haben. Aus Regierungskreisen verlautete, dass Hasina und ihre Schwester in Sicherheit gebracht worden seien. Die Lage im Land sei explosiv, sagte Justizminister Anisul Huq zur Nachrichtenagentur Reuters. Er wisse nicht, was noch geschehe.

Auf Fernsehbildern war am Montag zu sehen, wie tausende Menschen in den Regierungspalast in der Hauptstadt Dhaka eindringen. Die Regierungschefin hatte diesen nach Angaben aus ihrem Umfeld zuvor verlassen. Vom Fernsehsender Kanal 24 verbreiteten Bilder zeigten, wie die Demonstranten zu Tausenden in den Palast von Hasina eindringen. Anschließend beginnen sie zu feiern und winken in die Kameras.

Hasina habe vor ihrer "Flucht" eine Rede aufzeichnen wollen, habe aber keine Möglichkeit mehr dazu gehabt, so Medienberichte.

Am  Sonntag waren bei den schwersten Ausschreitungen seit der Unabhängigkeit des Landes (damals Ostpakistan) 1971 vom Rest Pakistans mehr als 90 Menschen ums Leben gekommen, Hunderte wurden verletzt Die Gesamtzahl der Toten bei den gewaltsamen Protesten gegen Hasina auf mindestens 300 gestiegen.

Das Innenministerium hatte am Sonntag eine Ausgangssperre verkündet, die auf unbestimmte Zeit gelten soll. Davon ließen sich die Demonstranten am Montag aber nicht abhalten, und riefen zu einem Marsch auf die Hauptstadt auf, um den Druck auf Hasina zu erhöhen. 

Bangladesch: Demonstranten stürmten Regierungssitz, Premier zurückgetreten

Die Armee verhängte eine Ausgangssperre Wache in der Hauptstadt Dhaka.

Rücktritt der Regierung gefordert

Die im Juli aus Protest gegen eine Quotenregelung für den Behördendienst entstandenen Demonstrationen, an denen am Sonntag hunderttausende Menschen teilnahmen, haben mittlerweile den Rücktritt der seit 2009 amtierenden Hasina und ihres Kabinetts zum Ziel. Die Polizei versuchte unter dem Einsatz von Tränengas, Blendgranaten und Gummigeschossen, die Demonstranten zu zerstreuen. Im ganzen Land wurde das Internet abgestellt.

Der Protestbewegung haben sich mittlerweile Menschen aus allen Bevölkerungsschichten angeschlossen, unter anderem Filmstars, bekannte Musiker und ehemalige Generäle haben ihre Unterstützung ausgedrückt. Auch 47 Firmen der für die Wirtschaft des Landes wichtigen Textilbranche haben sich mit den Demonstrierenden solidarisiert. Offen ist bisher, ob die Armee die Protestierenden unterstützt oder weiterhin zu Hasina steht.

Die 76-jährige Regierungschefin war im Jänner in einer von einem großen Teil der Opposition boykottierten Wahl im Amt bestätigt worden. Ihrer Regierung werden unter anderem der Missbrauch staatlicher Institutionen zum eigenen Machterhalt und die Unterdrückung von Regierungskritikern vorgeworfen - bis hin zur außergerichtlichen Tötung Oppositioneller.

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Die Ausschreitungen am Sonntag forderten erneut Tote.

Quotenregelungen

Im Juli waren schon mindestens 150 Menschen bei der Gewalt ums Leben gekommen. Rund 10.000 Menschen wurden von der Polizei festgenommen. Studenten hatten gegen Quotenregelungen bei der Vergabe von Stellen im öffentlichen Dienst protestiert.

Diese waren dann zwar weitgehend von einem Gericht gekippt worden, doch fordern die Studenten nun Gerechtigkeit für die Familien derer, die bei der Protesten getötet worden waren. Kritiker Hasinas werfen der Regierung exzessive Gewalt bei der Unterdrückung der Proteste vor. Diese weist dies zurück.

In Bangladesch mit seinen mehr als 170 Millionen Einwohnern sind die Arbeitslosigkeit und Inflation hoch. Jobs für die Regierung sind meist gut bezahlt. Das von der Regierung geplante System sah 30 Prozent der Stellen für Kriegsveteranen vor, die 1971 für die Unabhängigkeit des Landes von Pakistan gekämpft haben. Insgesamt sollten mehr als die Hälfte der Stellen für bestimmte Gruppen reserviert werden. Diese Regelung begünstigte Beobachtern zufolge Anhänger Hasinas

Vor zwei Wochen entschied ein Gericht aber, ab sofort sollten 93 Prozent der Einstellungen auf der Grundlage von Leistung erfolgen. Damit folgte es zumindest teilweise der Forderung der Protestierenden. Lediglich die restlichen sieben Prozent würden unter eine Quotenregelung kommen und vorwiegend für Nachkommen von Soldaten reserviert sein, entschieden die Richter.

Kurz zusammengefasst:

  • Die Premierministerin Sheikh Hasina soll nach anhaltenden Protesten zurückgetreten sein.

  • Die Proteste begannen im Juli.

  • Die Zahl der Toten ist auf mindestens 300 gestiegen.

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