Balkan: EU-Annäherung nur mit Respektabstand

Balkan: EU-Annäherung nur mit Respektabstand
Der EU-Gipfel in Sofia bietet den sechs Ländern des Westbalkans Beitrittsperspektiven - aber nur ferne.

In Sofia wollten die EU-Staats- und Regierungschefs den Westbalkanländern demonstrativ die Hand für einen EU-Beitritt reichen. Doch der Händedruck blieb schwach, die Perspektive für die sechs Staaten verschwommen. Wenn aus „Staaten“ „Partner“ werden müssen, kann das in der Sprache der Diplomatie nur heißen: Probleme. Die kennt die EU bei ihrem Bestreben, den sechs Westbalkanländern in absehbarer Zukunft den Beitritt zur Union anzubieten, nur zu gut. Und so war in der Erklärung der 28 EU-Staats- und Regierungschefs, die gestern in Sofia zu einem Gipfel zusammentrafen, auch nur von „Westbalkan-Partnern“ zu lesen. Nur so war das Dilemma um Kosovo zu lösen. Denn fünf EU-Mitgliedsländer erkennen die Region, die sich 2008 von Serbien für unabhängig erklärte, weiterhin nicht als Staat an (Spanien, Griechenland, Zypern, Slowakei, Rumänien).

In Brüssel aber hatte man eigentlich schon 2003 beschlossen: Die gesamte Westbalkanregion soll die Chance haben, der EU beizutreten. Das Angebot versandete, Erweiterungsmüdigkeit machte sich in der Union breit. Erst jetzt, 15 Jahre später, nach dem sich auch Russland, die Türkei und China immer sichtbarer auf dem Balkan positionieren, nimmt die EU wieder Anlauf: Neuer Aufnahmeschwung sollte den sechs Westbalkanländern gestern signalisiert, neue Perspektiven sollten geboten werden. Vom Wort „Beitritt“ war im Abschlusstext der EU-Staatenlenker allerdings ebenso wenig zu lesen wie ein konkretes Beitrittsdatum. Bundeskanzler Sebastian Kurz bezeichnete zwar 2025 als mögliches Datum, als „ambitioniert, aber gleichzeitig machbar“ – besonders in Bezug auf Serbien und Montenegro. Darauf aber konterte Deutschlands Kanzlerin Angela Merkel knapp: „Ich halte von diesem Datum nichts.“

Negativen Einfluss abwehren

Österreich will die Länder des Westbalkan bei ihrer EU-Annäherung „bestmöglich“ unterstützen, bestätigte Kurz. „Wenn wir als EU den Westbalkan nicht auf unserer Agenda haben, dann tun das andere Staaten, etwa die Türkei, die einen gefährlichen, negativen Einfluss nehmen“.

Doch europäische Erweiterungseuphorie sieht anders aus. Besonders in Frankreich und den Niederlanden ist die Skepsis groß. Frankreichs Präsident Emanuel Macron etwa beharrt darauf: Erst müsse sich die EU im Inneren grundlegend reformieren, ehe wieder neue Staaten aufgenommen werden könnten.

Serbien und Montenegro verhandeln seit einigen Jahren mit der EU über einen Beitritt. Für Albanien und Mazedonien könnten die EU-Staats- und Regierungschefs Ende Juni grünes Licht für den Start von Verhandlungen geben. Voraussetzung dafür ist ein Ende des Jahrzehnte alten Namensstreites zwischen Mazedonien und Griechenland. Dafür gebe es, wie Kanzler Kurz andeutete, „Grund zu vorsichtigem Optimismus“. Schlusslichter bei der Annäherung zur EU: Kosovo und Bosnien.

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