Bruder des albanischen Premiers unter Verdacht
Hat er oder hat er nicht? Olsi Rama, der Bruder des albanischen Ministerpräsidenten, steht im Mittelpunkt der Ursachenforschung für das Skandalspiel Serbien gegen Albanien in Belgrad. Er saß in der VIP-Loge des Fußballstadions und soll die Drohne mit der großalbanischen Flagge über das Spielfeld gesteuert haben, die die nachfolgende Schlägerei auslöste. Bei ihm wurde auch eine Fernbedienung gefunden, berichten serbische Medien, denen zufolge Rama festgenommen, aber nicht zuletzt aufgrund seines US-Passes schnell wieder freigelassen worden sei.
Unsinn, kontert Rama. "Ich habe mit der Drohne nichts zu tun. Ich weiß nicht, wo diese Geschichte herkommt. Ich bin auch weder festgenommen noch verhört worden."
Serbiens Außenminister Ivica Dacic sprach jedenfalls von einer sorgsam geplanten Provokation albanischer Extremisten. "Besonders problematisch ist die Tatsache, dass das der Bruder des albanischen Premiers getan hat, der hier Gast sein sollte", sagte er der Zeitung Blic. Albaniens Regierungschef Edi Rama will am 22. Oktober als erster Premier seines Landes nach fast 70 Jahren erstmals Belgrad besuchen. Dieser Besuch sei "ein wichtiger Schritt für alle auf dem Balkan" und auch nicht infrage gestellt, sagte die albanische Verteidigungsministerin Mimi Kodheli, seit Jahren eine der engsten Vertrauten Ramas – des Premiers, nicht des Bruders.
Letzterer twitterte nach dem Skandal-Match, er sei stolz auf die Schwarz-Roten (das Fußballteam), "solange Fußball gespielt wurde, waren sie die Sieger. Es tut uns leid für die Nachbarn, die einen schlechten Eindruck in der ganzen Welt hinterlassen haben". In Tirana und in der Kosovo-Hauptstadt Pristina feierten die Menschen ihre Stars mit Feuerwerken, Hupkonzerten und Fangesängen. Vizepremier Niko Peleshi und Sportministerin Lindita Nikolla begrüßten die zurückgekehrte Mannschaft als "Helden des Tages", auf die alle Albaner stolz sein könnten.
Im 19. Jahrhundert, als andere Balkanvölker wie die Serben längst von Nationalismus und Großreich-Fantasien erfasst waren, war Albanien nichts als eine langsam im Chaos versinkende Provinz der Osmanischen Reiches, in der die einzelnen Völker und Stämme eher gegen- als miteinander arbeiteten.
Erst 1912 kam es zur Gründung einer albanischen Nation – und zwar auf Initiative der k.u.k. Monarchie. Wien wollte dem inzwischen offen als Feind betrachteten Serbien den Zugang zum Meer versperren. Auf einer Botschafterkonferenz der Großmächte in London wurde der Staat schließlich ins Leben gerufen – und zwar in den Grenzen, die fanatische albanische Nationalisten heute wieder für ihr Land beanspruchen. Die aber hielten nicht lang, schon in den im selben Jahr folgenden Balkankriegen wurde Großalbanien von seinen Gegnern auf das Format des heutigen Albanien geschrumpft.
Großalbanien wurde noch einmal wieder erweckt, und zwar während des Zweiten Weltkrieges als Staat von Hitlers und Mussolinis Gnaden. Das Konstrukt hielt nicht lange. Die nach dem Zweiten Weltkrieg gegründete kommunistische Volksrepublik hielt sich wieder an die heutigen Grenzen. In sämtlichen Nachbarstaaten gibt es seither albanische Minderheiten. Im Kosovo leben sogar 85 Prozent ethnische Albaner.
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