Aufstand der "Gelbwesten" in Frankreich ebbt ab

Als Marianne, Nationalfigur der französischen Republik, stellten sich einige Frauen halbnackt schweigend der Gendarmerie in Paris entgegen.
Vorweihnachtsfriede? Weniger Demonstranten und Zusammenstöße als an den Samstagen davor in Frankreich.

Einigermaßen erschöpft und verworren – so präsentierte sich diesen Samstag die Bewegung der „Gelbwesten“, die fünf Wochen lang Frankreich in Atem gehalten und Präsident Emmanuel Macron in äußerste Bedrängnis getrieben hatte.

Die Behörden meldeten am Samstag-Nachmittag rund 3000 Teilnehmer in Paris, also nicht einmal ein Drittel so viel wie eine Woche zuvor. Ein ähnlicher krasser Rückgang der Zahl der Demonstranten wurde auch in der Provinz registriert.

Laut einer ersten Bestandsaufnahme am Samstag-Vorabend kam es auch zu merklich weniger Zusammenstößen mit der Polizei und Verwüstungen. Etliche Geschäfte, die am Samstag zuvor aus Angst vor Plünderungen gesperrt hatten, blieben diesmal offen, um ihre vorweihnachtlichen Umsätze wenigstens teilweise noch zu retten.

Hanteln und Spitzhacken konfisziert

Die Polizei befand sich diesmal in vierfacher Übermacht in Paris gegenüber den Demonstranten. Sie hatte vorweg dutzende Personen festgenommen und ein Sammelsurium an potentiell gefährlichen Gegenständen, das von Hanteln über Spitzenhacken bis zu Schraubenziehern reichte, konfisziert. Gegen Abend gab es freilich wieder heftigere Auseinandersetzungen zwischen Schlägertrupps und Polizei auf den Pariser Champs-Elysées, in Bordeaux, Lyon und Nantes.

Außerdem halten „Gelbwesten“ weiterhin hunderte Autobahnzubringer und Knotenpunkte vor Einkaufszentren in der Provinz besetzt, um den Verkehr dort entweder zu verlangsamen oder gänzlich zu blockieren. Aus Angst vor Gewalttätigkeiten hatten aber nur sehr wenige diesmal die Fahrt nach Paris gewagt.

Die, die trotzdem in Paris auftraten, wirkten nicht sehr überzeugend. Auf dem Platz vor der Pariser Oper verlasen eine Sprecherin und zwei Sprecher einer „Gelbwesten“-Fraktion (Name: „Die zornigen Franzosen“) ein Manifest. Darin wurde einerseits die Abschaffung aller Steuern auf die wichtigsten Konsumgüter und Lebenshaltungskosten (im Bereich Wohnen und Energie) gefordert. Und andererseits das Recht für die Bürger, Volksabstimmungen zu erwirken mit dem Ziel, Gesetze (an Stelle des Parlaments) zu beschließen, aber auch alle vom Parlament beschlossenen Gesetzte nachträglich zu ratifizieren.

Verlangen nach Mitsprache

Diese Forderung nach einer Quasi-Entmachtung des Parlaments ist der gemeinsame Nenner einer ansonsten sozialpolitisch eher widersprüchlichen und zersplitterten Bewegung, die sich bisher auf keine gemeinsamen Vertreter einigen konnte.

Aber das dahinter steckende Verlangen nach mehr Gehör und Mitsprache für die Bevölkerung außerhalb der Metropolen, in den abgehängten Teilen der Provinz, wird vielfach als berechtigt angesehen. Die Staatsführung um Macron will dem mit dreimonatigen, landesweiten Konsultationen der Lokalpolitiker und Bevölkerung Rechnung tragen.

Die entscheidenden sozialen Konzessionen hatte Macron bereits am vergangenen Montag gemacht, als er Abgabensenkungen für Arbeitnehmer und Rentner in der Höhe von über 10 Milliarden ankündigte. Bezüglich der praktischen Umsetzung dieser Ankündigungen besteht aber noch viel Unklarheit. Ihr Hinauszögern könnte den „Gelbwesten“, die weiterhin über ein breites Sympathisantenpotential verfügen, nach den Feiertagen wieder Auftrieb verleihen

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