ATACMS-Verbot auf russisches Gebiet: Trump setzt fort, was Biden begann

Symbolfoto einer ATACMS
Die USA untersagen Kiew den Beschuss Russlands mit den gelieferten Raketen – und schicken neue.

Die USA verbieten der Ukraine laut einem Bericht des Wall Street Journal den Einsatz der von ihnen gelieferten ATACMS-Raketen auf Ziele in Russland. Ein „Verbot“, das grundsätzlich seit November vergangenen Jahres in Kraft ist – wenn auch nicht offiziell ausgesprochen.

ATACMS (Army Tactical Missile System) ist eine ballistische Kurzstrecken-Rakete mit einer Reichweite von bis zu 300 Kilometern, die ihr Ziel binnen fünf Minuten erreichen kann. Nimmt man das Eskalationspotenzial, das ein regelmäßiger Einsatz dieser Rakete unweigerlich gesteigert hätte, beiseite, hätte die Ukraine binnen kürzester Zeit eine Reihe von Munitionsdepots, Eisenbahnlinien, Kommandoposten und Flugplätzen vernichten können.

Ex-US-Präsident Joe Biden erteilte der Ukraine im Zuge der Kursk-Offensive und den russischen Angriffen innerhalb der Region Charkiw die Erlaubnis, ATACMS auf russischem Territorium einzusetzen – bis zu 165 Kilometer. Doch diese Erlaubnis war erstens nicht von langer Dauer, zweitens waren die gelieferten Raketen nur in geringer Zahl vorhanden. 

Blick zurück: Am 19. November 2024 beschießen die ukrainischen Streitkräfte ein russisches Munitionslager in der Region Bryansk mit ATACMS. Dem klassischen diplomatischen Geplänkel folgte eine geharnischtere Warnung Putins: Drei Tage später schlugen sechs Sprengköpfe mit jeweils sechs Submunitionen in der Stadt Dnipro ein – ausgehend von einer Oreschnik-Rakete, die über eine Geschwindigkeit von zehn Mach – 12.348 Kilometer pro Stunde – verfügt. Die Gefechtsköpfe enthielten keinen Sprengstoff, doch das Video des Angriffs ging um die Welt – und verfehlte seine Abschreckung nicht.

Deeskalationswunsch Washingtons

Wenige Tage später telefonierten der US-amerikanische und der russische Generalstabschef miteinander – seither gab es keinen Angriff seitens der Ukraine auf russisches Territorium mit US-Raketen mehr.

Das hat seinen Grund: Auch unter der Biden-Regierung war Washington stets darauf bedacht, die Situation mit Russland nicht weiter eskalieren zu lassen. Umso interessanter sind Berichte, wonach in sechs Wochen eine US-Lieferung von insgesamt 3.350 sogenannten ERAM-Raketen (Extended Range Attack Munition) in der Ukraine ankommen soll. Den Großteil der Kosten sollen europäische Staaten tragen. Die Trump-Regierung soll diese Lieferung, die noch unter der Biden-Regierung angedacht wurde, erlaubt haben.

ERAM-Lieferung soll bevorstehen

Allerdings solle der Einsatz dieser Raketen mit einer Reichweite von bis zu 450 Kilometern jedes Mal vom Pentagon genehmigt werden. Geht es um die Verteidigung im eigenen Land, dürften sich die ERAM als wirkungsvoll erweisen – für Angriffe auf russisches Territorium dürfte sich Kiew spätestens mit Ende des Jahres nicht mehr nur auf Drohnen, sondern ihre eigens produzierten „Flamingo“-Marschflugkörpers stützen. Er hat angeblich eine Reichweite von 3.000 Kilometern und könnte damit auch Ziele in Russland bis hinter den Ural erreichen.

Angriffe auf Energie-Infrastruktur

Sollte es tatsächlich gelingen, wie angekündigt täglich sieben Stück zu produzieren, würde das die Schlagkraft der Ukraine massiv erhöhen, wenn es darum geht, die russische Energie-Infrastruktur zu schwächen. In den vergangenen Wochen griff die Ukraine vor allem Raffinerien, Treibstoffdepots, einen Knoten der Druschba-Pipeline sowie das Export-Terminal Ust-Luga an. Das führte zu mehrtägigen Bränden, Teilausfällen und regionalen Treibstoffengpässen in Russland.

Wie hoch der wirtschaftliche Schaden für Russland tatsächlich ist, lässt sich derzeit nicht seriös bestimmen. Gestiegene Benzinpreise, teilweise Exportverbote und lange Schlangen vor Tankstellen legen aber nahe, dass die ukrainischen Schläge den russischen Energiemarkt sehr wohl treffen.

Kommentare