Asyl für Mazedoniens Ex-Premier: EU übt scharfe Kritik an Ungarn

EU-Kommissar Hahn fordert "stichhaltige Erklärung". Kritik auch aus dem EU-Parlament: "An Zynismus nicht zu überbieten"

Unverständnis in Brüssel nach der Blitz-Entscheidung der ungarischen Behörden.Am Tag nach der Entscheidung Budapests, dem mazedonischen Ex-Premier Nikola Gruewski politisches Asyl zu gewähren, hagelt es Kritik an der ungarischen Regierung: Asylgesetze, so der Fraktionsvorsitzende der Sozialdemokraten im EU-Parlament, Udo Bullmann, sollen Menschen schützen, die vor Krieg fliehen. Budapest setzte sie stattdessen ein, um politische Verbündete vor den Folgen krimineller Vergehen zu schützen. Bullmann sprach von einem Fall, der an „Zynismus nicht zu überbieten“ sei.

Am diplomatischsten in der Wortwahl auf EU-Ebene gab sich da noch EU-Erweiterungskommissar Johannes Hahn: Er forderte Auskunft und eine „stichhaltige Erklärung“ durch Ungarns Premier Viktor Orbán. Rechtsstaatlichkeit, so Hahn, sei ein fundamentales Prinzip für EU-Mitglieder sowie EU-Beitrittskandidaten und ein Schlüssel für die Glaubwürdigkeit der EU.

Am Dienstag hatten die ungarischen Behörden Gruewski nur wenige Tage nach seinem Antrag politisches Asyl gewährt. Eine Entscheidung, die in Gremien der EU ebenso wie bei politischen Vertretern quer durch Europa, in den Reihen der ungarischen Opposition, aber vor allem in Mazedonien selbst für Entsetzen sorgte. In Mazedonien war Gruewski zu zwei Jahren Haft wegen Korruption verurteilt worden. Weitere Verfahren sind anhängig. Vor seinem Haftantritt war er geflohen. Skopje fordert jetzt seine Auslieferung.

Freund Orbán

Die Ironie an der Sache: Mazedonien strebt in die EU. Und nach Jahren des Stillstandes war vor allem nach der Entscheidung der Regierung von Premier Zoran Zaew für eine baldige Umbenennung des Landes in Nord-Mazedonien (Stichwort Namensstreit mit Griechenland) wieder Bewegung in diese Bemühungen gekommen. Ex-Premier Gruewski dagegen, der sich jetzt rühmt, in einem EU- und NATO-Staat Asyl erhalten zu haben, war einer der lautesten Gegner einer Lösung des Namensstreits – und damit blockierte er indirekt die EU-Annäherung, die Ungarn offiziell unterstützt.

Was Gruewski mit Ungarn aber verbindet: Viktor Orbán. Mit ihm pflegt er eine jahrelange Freundschaft. Eine Auslieferung an Mazedonien – wie beantragt – schloss Ungarns Justizminister Laszlo Trocsanyi aus. Er deutete zudem an, dass Gruewski das Land nun auch verlassen könnte. Gruewski pflegt gute Beziehungen zu Moskau.

Zugleich bleibt die ungarische Regierung stur bei ihrer bisherigen Darstellung: Ungarische Diplomaten seien in die Flucht des mazedonischen Ex-Premiers Nikola Gruewski nicht involviert gewesen – obwohl die Reise Gruewskis mit einem von der ungarischen Botschaft in Skopje ausgestellten Reisedokument über Albanien, Montenegro und Serbien in ungarischen Diplomatenautos lückenlos nachvollzogen werden kann.

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