Während die ukrainischen Streitkräfte Berichten zufolge immer mehr Soldaten von Frontabschnitten wie Tschassiw Jar abziehen, um die rund 50.000 russischen Soldaten nördlich von Charkiw zurückzudrängen und damit riskieren, ihre Truppen zu überdehnen, wird Russlands Präsident Wladimir Putin am Dienstag Nordkorea besuchen – und wahrscheinlich mit Lieferverträgen für weitere Rüstungsgüter zurückkehren.
Mit zumindest einer Million Artilleriegranaten hat Nordkoreas Diktator Kim Jong Un Russland bereits unterstützt. Laut südkoreanischem Verteidigungsministerium könnten es sogar 4,8 Millionen sein. Seoul habe mindestens 10.000 Schiffscontainer entdeckt, die von Nordkorea nach Russland geliefert worden seien. Insgesamt soll Nordkorea bis zu zehn Millionen Artilleriegranaten gelagert haben – das wäre jene Menge, die Russland in den ersten zehn Monaten seines Angriffskriegs verschossen hat. Zwar soll die Qualität der nordkoreanischen Munition enden wollend sein, doch im Abnützungskrieg ist die Quantität entscheidend.
Neben Artilleriegranaten ist mittlerweile bestätigt, dass Pjöngjang auch ballistische Raketen an Russland lieferte. Etwa die Hwasong-11, in deren Wracks eine Vielzahl an westlichen Bauteilen gefunden wurde. 50 dieser Raketen sollen bereits auf die Ukraine abgefeuert worden sein.
Kim Jong Un: "Heiliger Kampf"
Für Nordkorea eröffnen sich durch Putins Besuch und ein Näherrücken beider Staaten neue Möglichkeiten, aus der Isolation herauszukommen. Immerhin ist es Putins erster Besuch im kommunistischen Staat seit 24 Jahren. Putins Reise ist eine Gegenleistung für Kims Besuch im Fernen Osten Russlands im September vergangenen Jahres, bei dem der nordkoreanische Staatschef die Beziehungen seines Landes zu Russland als oberste Priorität bezeichnet und Moskau Unterstützung für den "heiligen Kampf" gegen die Ukraine zugesagt hatte.
Pjöngjang seinerseits versucht, seine angeschlagene Wirtschaft anzukurbeln - das Land kämpft mit finanzieller Not und Nahrungsmittelknappheit. Zusätzlich erhofft man sich, Zugang zu Moskaus Spitzentechnologie für seine Satelliten- und Atomwaffenprogramme zu erhalten.
Kriegswirtschaft angekurbelt
Ein Vorteil für beide Seiten also. Dazu kommt, dass die russische Kriegswirtschaft auf Hochtouren produziert. Etwa 3,5 Millionen Russen sollen im Schichtbetrieb im militärisch-industriellen Sektor arbeiten und mindestens drei Millionen Artilleriegranaten pro Jahr produzieren. Russlands Produktionskosten sind noch dazu weitaus niedriger als die des Westens, was zum Teil darauf zurückzuführen ist, dass Moskau Abstriche bei der Sicherheit und Qualität macht, sagte Kusti Salm, ein hoher Beamter des estnischen Verteidigungsministeriums.
So würde beispielsweise die Herstellung einer 155-Millimeter-Artilleriegranate in einem westlichen Land 5.000 bis 6.000 Dollar kosten, während laut Salm die Herstellung einer vergleichbaren 152-Millimeter-Granate in Russland etwa 600 Dollar kostet.
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