Appell an Geschwisterlichkeit: Papst ruft zu Schutz von Migranten auf

Pope Francis signs his latest encyclical in Assisi
In seiner neuen Enzyklika "Fratelli Tutti" plädiert der Pontifex gegen die "Kultur der Mauern" und gegen Populismus.

Papst Franziskus widmet in seiner dritten Enzyklika (päpstliches Rundschreiben) mit dem Titel "Fratelli tutti" (Alle Brüder) dem Thema Migration einen Teil des zweiten und das ganze vierte Kapitel. Dabei plädierte der Heilige Vater gegen eine "Kultur der Mauern". Migranten sollten von den Staaten aufgenommen, geschützt, gefördert und integriert werden, forderte der Papst.

Humanitäre Korridore und vereinfachte Visa

Dabei gelte es, in den Ankunftsländern die richtige Balance zwischen dem Schutz der Rechte der Bürger und einer Aufnahme und Hilfe für Migranten zu finden.

Der Papst sprach sich für eine vereinfachte Visa-Erteilung, das Öffnen humanitärer Korridore, ein Bereitstellen von Wohnraum, Sicherheit und Basis-Dienstleistungen, Arbeits- und Ausbildungsmöglichkeiten, Familienzusammenführungen, Schutz von Minderjährigen und die Garantie der Religionsfreiheit aus, wie er in der in Assisi unterzeichneten Enzyklika mit dem Titel "Fratelli tutti - Über die Geschwisterlichkeit und die soziale Freundschaft" schrieb.

"Ungesunder Populismus"

Der Papst verurteilte den "ungesunden Populismus", der die "Kultur des Volkes" zu ideologischen Zwecken und zum Erhalt der eigenen Macht politisch instrumentalisiere. Oft nutze Populismus die egoistischen Tendenzen von Teilen der Bevölkerung aus. Mit dem Thema Populismus befasste sich der Papst im fünften Kapitel seiner am Sonntag präsentierten Enzyklika, das mit dem Titel "die beste Politik" erscheint.

Die "beste Politik" sei jene, die sich in den Dienst des gemeinsamen Wohls und des Volks stelle und dem Dialog offen sei. Die "beste Politik" schütze die Beschäftigung, die eine unverzichtbare Dimension des sozialen Lebens sei und bemühe sich, dass jeder Mensch seine Fähigkeiten entwickeln könne.

Aufgabe der Politik sei die Suche nach Lösungen für all das, was die fundamentalen Rechte der Menschen beschneide, wie soziale Ausgrenzung, Waffen- und Drogenhandel, sexuelle Ausbeutung, Sklavenarbeit, Terrorismus und organisiertes Verbrechen.

Positive Reaktionen aus Österreich

Die römisch-katholische Kirche in Österreich hat positiv auf die am Sonntag veröffentlichte Sozialenzyklika "Fratelli tutti" von Papst Franziskus reagiert. Das neue Lehrschreiben stehe in großer Kontinuität der kirchlichen Lehre und erneuere die "revolutionäre Lehre von der einen Menschheitsfamilie", sagte Kardinal Christoph Schönborn gegenüber Kathpress. Caritas-Präsident Michael Landau bezeichnete sie als "starken, beeindruckenden" Text.

Der Papst beschreite mit diesem Dokument einmal mehr den Weg des Dialogs, der sein Pontifikat auszeichne, betonte Schönborn. "In dieser Haltung wagt Franziskus gemeinsam mit Großimam Ahmad Al-Tayyeb das Dokument von Abu Dhabi zu unterzeichnen und mit dieser Enzyklika offiziell in die Katholische Soziallehre aufzunehmen", so der Wiener Erzbischof.

Die Enzyklika mache deutlich, dass "eine zukunftstaugliche Gesellschaft eine solidarische Gesellschaft sein muss", kommentierte Landau laut Kathpress. Mit "Fratelli tutti" lege der Papst "seine Finger tief in die Wunden unserer Gesellschaft" und zeige auf, "wie ein soziales, politisches und wirtschaftliches Umdenken nach der Covid-Krise gelingen kann." Insgesamt, so Landau, gehe es dem Papst darum, wofür auch die Caritas werbe - nämlich "eine neue Geschwisterlichkeit und um Solidarität als Grundhaltung in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft".

In seiner neuen Enzyklika benennt Papst Franziskus "unverblümt die Schatten der Weltlage" und bietet der Weltgemeinschaft für einen neuen "Weg der Hoffnung" und der Solidarität die Begleitung der Religionen an, erklärte der Wiener Pastoraltheologe Paul Zulehner. Die Enzyklika enthalte zahlreiche sozial- und friedensethische Gedanken und auch eine Berufsethik für Politiker. "Fratelli tutti" als Zitat des Heiligen Franziskus übersetze der Papst schon im Untertitel mit dem Hinweis auf die nötige "Geschwisterlichkeit" und "Soziale Freundschaft". "Sie sind, davon ist der Papst überzeugt, die besten Heilmittel für eine verwundete Welt", so Zulehner in einer Stellungnahme gegenüber Kathpress.

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