Minneapolis löst Polizei auf, Bürgermeister ausgebuht

Minneapolis löst Polizei auf, Bürgermeister ausgebuht
Joe Biden trifft unterdessen die Familie von George Floyd, Trump die Sicherheitskräfte.

Als Konsequenz aus dem gewaltsamen Tod des Afroamerikaners George Floyd soll die Polizeiarbeit in der US-Großstadt Minneapolis völlig neu organisiert werden. Der Stadtrat beschloss am Sonntag, die örtliche Polizeibehörde komplett aufzulösen und eine neue Struktur für die Polizeiarbeit zu schaffen, wie Mitglieder des Rats mitteilten.

Minneapolis löst Polizei auf

In dem Gremium habe Einigkeit darüber geherrscht, dass die Polizeibehörde "nicht reformierbar" sei, schrieb das Mitglied Alondra Cano im Kurzbotschaftendienst Twitter. Der Bürgermeister von Minneapolis, Jacob Frey, hatte sich am Samstag bei einer Demonstration gegen eine Abwicklung der örtlichen Polizei ausgesprochen und stattdessen für Reformen geworben. Er wurde dafür prompt ausgebuht und aufgefordert, den Protest zu verlassen.

Die Stadtratsvorsitzende Lisa Bender sagte im Nachrichtensender CNN, in Minneapolis solle ein "neues Modell der öffentlichen Sicherheit" geschaffen werden, "das unsere Gemeinde tatsächlich sicher hält". Wie die bisherige Polizeibehörde ersetzt werden solle, werde der Stadtrat noch diskutieren.

Im politischen US-Tagesprogramm könnte der Kontrast heute kaum stärker sein: Präsident Donald Trump will am Montag im Weißen Haus angesichts der anhaltenden Proteste mit Sicherheitskräften sprechen, sein Herausforderer Joe Biden hingegen will George Floyds Familie treffen. Einen Tag vor der Beerdigung des Afroamerikaners in Houston im US-Staat Texas will Biden die Angehörigen zu einem Gespräch treffen. Das berichteten mehrere US-Medien übereinstimmend. 

Biden werde auch eine Videobotschaft für die Beerdigung aufnehmen, hieß es in den Berichten vom Sonntagabend (Ortszeit) weiter. Er wird demnach aber am Dienstag nicht selbst an der Zeremonie teilnehmen. Er wolle die Beerdigung nicht durch zusätzliche Sicherheitsvorkehrungen stören, die bei seiner Anwesenheit nötig wären, berichteten unter anderem die New York Times und der Nachrichtensender CNN.

Für den designierten Präsidentschaftskandidaten der Demokraten war der Trip nach Texas die erste größere Inlandsreise seit der Zuspitzung der Coronavirus-Pandemie im März. Biden hat sich seit Floyds Tod bereits mehrmals gegen "systematischen Rassismus" und die anhaltende Ungleichheit in den USA ausgesprochen.

US-Präsident Trump, der sich im November im Zweikampf mit Biden um eine Wiederwahl bewerben wird, hat Floyds Tod mehrfach verurteilt und das Recht auf friedliche Demonstrationen betont. Ihm wird jedoch vorgeworfen, sich nicht klar gegen Rassismus zu positionieren und nicht genug Verständnis zu zeigen für den Zorn über Diskriminierung und Ungerechtigkeit im Land. Die anhaltenden Proteste im Land hat er bisher vor allem unter dem Gesichtspunkt der Sicherheit kommentiert. Am Montag wollte sich Trump im Weißen Haus mit Vertretern von Polizei und anderen Sicherheitskräften treffen.

Mitt Romney unter Demonstranten

In vielen US-Städten gingen unterdessen wieder Tausende auf die Straße, um gegen Polizeigewalt, Rassismus und Ungleichheit zu demonstrieren. In Washington etwa demonstrierte am Sonntag auch der frühere republikanische Präsidentschaftskandidat und jetzige Senator Mitt Romney unter dem Motto "Black Lives Matter", wie er auf Twitter schrieb. Prominente Republikaner waren bei den Protesten bisher eher eine Seltenheit.

Die Demokraten im Kongress wollten am Montag Gesetze vorstellen, um "Polizeibrutalität zu beenden, die Polizei zur Rechenschaft zu ziehen und Transparenz zu verbessern". Die Erfolgaussichten schienen zunächst unklar: Demokraten kontrollieren das Repräsentantenhaus, der Senat wird jedoch von Republikanern kontrolliert.

In New York wiederum legte am Sonntag Bürgermeister Bill de Blasio Vorschläge für eine Reform der Polizei der Millionenmetropole vor. Beispielsweise solle ein Teil des Budgets des NYPD für Jugend- und Sozialarbeit verwendet werden, sagte de Blasio am Sonntag. Außerdem sollte der Umgang mit den Disziplinarakten von Polizisten transparenter werden. Es handle sich dabei nur um erste Schritte, die Details müssten noch ausgearbeitet werden, sagte de Blasio.

Floyd war am 25. Mai bei einer brutalen Festnahme in Minneapolis im US-Staat Minnesota gestorben. Ein weißer Polizeibeamter hatte sein Knie fast neun Minuten lang in den Nacken des am Boden liegenden Floyd gedrückt - trotz aller Bitten des 46-Jährigen, ihn atmen zu lassen. Floyd war wegen des Verdachts, mit einem falschen 20-Dollar-Schein bezahlt zu haben, festgenommen worden.

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