Andrä Rupprechter zum Klimagipfel: "Da kritisieren die Grünen sich selber"

Andrä Rupprechter
Umweltminister will eine Milliarde in Klimaprojekte stecken. Kritik von Greenpeace nennt er "letztklassig".

KURIER: Herr Minister, auf der Klimakonferenz in Marrakesch kommen mehr als 27.000 Menschen aus 200 Nationen zehn Tage lange zusammen. Wie kann man als Politiker, der für ein paar Tage anreist, den Überblick bewahren und sehen, ob etwas in die richtige Richtung weitergeht?

Andrä Rupprechter: Ich habe eine gute Arbeitsdelegation hier, die seit Beginn der Verhandlungen dabei ist. Dieses Team ist zwar klein, ist aber seit der ersten Klimakonferenz dabei und hat daher den absoluten Überblick. Sie sind auch bei vielen informellen Treffen dabei und bereiten mir die wesentlichen politischen Fragen sehr gut auf.

In Internet-Postings ist zu lesen: Da haben sich viele das eigene Klima abseits des trüben Winters verbessert. Zu Recht?

Bei manchen wird diese Kritik sogar zutreffen. Wir machen uns hier keinen Spaß. Die drei Tage, die ich hier bin, sind tatsächlich intensiv. Die Themen, um die es geht sind essenziell für unsere Zukunft und da muss es der Aufwand auch Wert sein. Es geht schließlich darum, ob und wie wir in 50 Jahren auf diesem Planeten noch leben können.

Auffallend ist, dass doppelt so viele Firmenvertreter wie davor dabei sind. Läuft die Wirtschaft der Politik den Rang ab?

Das Thema Klimaschutz als Wirtschaftsmotor ist angekommen. Auch die österreichische Wirtschaftskammer ist mit einem Stand, auf dem sich 25 Firmen präsentieren, vertreten.

Das ist bereits die 22. Klimakonferenz, aber die erste, bei der auch eine Handvoll österreichische Firmen dabei sind. Hat Österreich hier etwas verschlafen?

Ich schaue nicht nach hinten, sondern bin froh, dass die Wirtschaftskammer hier jetzt einen Stand eingerichtet hat. Gerade im Umwelttechnologiebereich sind wir Spitzenreiter mit einer Exportquote von 80 Prozent. Es wird in Zukunft keine Klimakonferenz geben, wo nicht auch eine Wirtschaftsdelegation aus Österreich dabei ist.

Für Klimaschutzprojekte sollen in einem internationalen Fonds bald 100 Milliarden US-Dollar liegen. Österreich hat bisher 25 Millionen Euro eingezahlt, Deutschland eine Milliarde. Warum sind wir auch hier säumig?

Alle Ministerien gemeinsam geben bereits jetzt 140 Millionen Euro jährlich für internationale Klimaschutzprojekte aus. Zusätzlich haben wir für die Startphase des "Green Climate Fund" 25 Millionen Euro gezahlt, mit dem in den nächsten Jahren jährlich 100 Milliarden US-Dollar für Projekte zur Förderung erneuerbarer Energie oder etwa Abfallwirtschaft unterstützt werden sollen. Wir zahlen zudem über den gemeinsamen Beitrag der EU 80 Millionen ein. Rechnet man alle diese Töpfe zusammen, dann macht unser Beitrag für internationale Klimaschutzprojekte in den nächsten vier Jahre eine Milliarde Euro aus. Das ist ein Riesenbetrag, den sollte man nicht kleinreden wie das Grüne tun und noch mehr fordern. Aber dafür, dass Geld anderer Leute gerne auszugeben, dafür sind die Grünen ja bekannt.

Während Sie hier in Marrakesch sind, wurden Sie von Greenpeace zum "Fossil des Tages" gekürt und von der NGO German Watch in Sachen Klimaschutz auf einen der letzten Plätze gereiht.

Das ist schon eine schlechte Tradition, dass wir bei Klimakonferenzen von German Watch negativ bewertet werden. Wie es zu dieser Bewertung kommt, ist aber vollkommen intransparent. Länder wie Deutschland und Frankreich liegen in Sachen Umweltschutz weit vor uns, obwohl in Frankreich drei Viertel der Energie aus Atomkraft kommen und Deutschland gerade festgeschrieben hat, dass bis 2045 weiterhin Braunkohle zur Energieerzeugung eingesetzt wird. Auch die Ukraine und Polen liegen vor uns, die in Sachen Energieerzeugung auch nicht gerade umweltfreundlich sind. Wenn man den CO2-Ausstoß in Relation zur Wirtschaftskraft pro Kopf heranzieht, haben wir innerhalb der EU den fünftbesten Wert. Das ist ein plausibler und objektiver Maßstab. Wenn wir berücksichtigen, dass drei der Staaten, die hier vor uns liegen, auf die höchst umweltgefährdende Risikotechnologie Atomenergie setzen, dann sind wir eines der klimaschonendsten Länder innerhalb der EU. Bei aller Berechtigung von Kritik: Ich finde es letztklassig, dass einige NGOs immer dann, wenn sich Österreich gerade im Ausland präsentiert, mit falschen Zahlen Stimmung gegen Österreich machen.

Fakt ist: In Österreich gibt es – obwohl bereits für Herbst versprochen – noch immer keinen Plan zur Umsetzung des Klimaschutz-Vertrags. Warum?

Wir arbeiten sehr intensiv daran und werden die Energie und Klimastrategie im ersten Quartal 2017 vorlegen. Niederösterreich ist beispielsweise schon dabei, das Verbot des Einbaus von Ölheizungen bei Neubauten umsetzen.

Für ein österreichweites Ölheizungsverbot brauchen sie aber den Goodwill aller Länder. Sie sind zwar Umweltschutzminister, aber de facto machtlos.

Es stimmt, dass wir auf Zusammenarbeit angewiesen sind, aber da bin ich guten Mutes. Von den Klimaschutzreferenten in den Landesregierungen sind sechs Grüne. Da gibt es bereits eine grüne Mehrheit. Wenn die Grünen mich da kritisieren, kritisieren sie sich selber.

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