Klimagipfel: Keine Angst vor Donald Trump
Es klingt nahezu euphorisch, was da heute aus Marrakesch vermeldet wird. In der Abschlusserklärung des Klimagipfels in Marokko ist von einem "außerordentlichen Momentum" im Kampf gegen den Klimawandel die Rede.
Zuletzt hatte die (scheidende) US-Regierung erklärt, ihren CO2-Ausstoß radikal einschränken zu wollen. Und am Freitag wurde bekannt, dass die 43 vom Klimawandel am stärksten betroffenen Länder, die sich im "Climate Vulnerable Forum" (CVF) zusammengeschlossen haben, so schnell wie möglich, spätestens aber bis 2050 komplett auf Kohle, Erdgas und -Öl verzichten wollen. Insgesamt wurde die "Marrakesch-Vision" von 48 Staaten unterzeichnet, darunter sind zwar keine Klima-Kapazunder - Burkina Faso, Äthiopien, Fidschi oder Madagaskar, auch Gastgeber Marokko sind dabei - "aber es ist mehr als nur ein wichtiges Signal", sagt Klima-Experte Sven Harmeling, der für die Hilfsorganisation CARE vor Ort war. Immerhin kämen die Staaten insgesamt auf eine Milliarde Einwohner und seien für 25 Prozent der globalen Emissionen verantwortlich. Er sieht die westlichen Industriestaaten nun unter Zugzwang, hier nachzuziehen. "Wir sollten uns ein Beispiel daran nehmen."
Der Klimawandel und das Lügengebäude
Doch während bei der UN-Klimakonferenz in Marokko ein wichtiger Schritt zur Umsetzung des Pariser Abkommens gesetzt wurde, droht die Unterstützung auf der anderen Seite des Atlantiks schon wieder wegzubrechen. Donald Trump glaubt nicht an den Klimawandel.
Der künftige Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika hat schon im Wahlkampf angekündigt, aus dem Pariser Vertrag aussteigen zu wollen. Für Trump ist der Klimawandel eine Lüge, erfunden von den Chinesen, um die amerikanische Wirtschaft zu schwächen. Damit ist er nicht der einzige Politiker, der das behauptet. Hierzulande meinte Susanne Winter, die Umweltsprecherin der FPÖ, erst im Juli vorigen Jahres, der Klimawandel sei ein "mediales Lügengebäude" und die Klimaforschung eine "ideologische Pseudowissenschaft".
Trump ist aber jedenfalls der mächtigste Klimaleugner. Und während in Europa die herrschende wissenschaftliche Einschätzung anerkannt ist, ist der Klimawandel in den USA besonders auf Seiten der Republikaner noch immer politische Verhandlungsmasse. Die Initiative "ClimateNameChange" listet nicht weniger als 42 US-Politiker, die den Klimawandel bezweifeln. Der in einem dazugehörigen Video gemachte Vorschlag, doch die Wirbelstürme nach den bekanntesten Klimaleugnern zu benennen, wurde 2013 zum viralen Hit - wenn auch mit bitterem Beigeschmack.
Climate Name Change from David Canning on Vimeo.
Alles nicht so schlimm?
Dabei sollte das Thema eigentlich gegessen sein. Die US-amerikanische Organisation "Union of Concerned Scientists" entlarvte die Argumente der Klimagegner bereits 2007 in der Studie "Smoke, Mirrors & Hot Air" als politisch und wirtschaftlich motiviert. Dabei wurde eine Desinfomationskampagne des Erdölkonzern ExxonMobil öffentlich gemacht, die sich auf die Unterdrückung oder Infragestellung von wissenschaftlichen Beweisen für den Klimawandel spezialisiert hatte. ExxonMobil wandte demnach genau jene Taktik an, die zuvor schon der Tabakindustrie 40 Jahre lang dabei half, die gesundheitlichen Risiken des Rauchens zu verschleiern. Man setzte sogar auf dieselben Organisationen und Akteure. Dabei wurden auch wissenschaftliche Vertreter gefördert, die sich einzelne Fakten herauspickten und wissenschaftliche Erkenntnisse absichtlich falsch darstellten.
Die Öffentlichkeit ist entscheidend, nicht die Wissenschaft
Dabei ging es jedoch nie darum, die wissenschafliche Community zu überzeugen. Die Öffentlichkeit ist entscheidend. "Wir werden gesiegt haben, wenn durchschnittliche Bürger die Unsicherheiten in der Klimawissenschaft 'verstehen' bzw. wahrnehmen", heißt es in einem bereits 1998 erstellten internen Kommunikations-Aktionsplan des American Petroleum Institute.
Wie erfolgreich dieser Plan war? Eine Umfrage der University of Michigan ergab im Oktober 2015, dass 70 Prozent der US-Amerikaner an den Klimawandel glauben. Dass Donald Trump und viele seiner republikanischen Freunde wie Paul Ryan, Marco Rubio zu den 30 Prozent gehören, die nicht daran glauben, ist eine dramatische Wendung in den Bemühungen um eine gemeinsame Klimapolitik.
Es ginge auch ohne Trump
Ein möglicher Austritt Amerikas muss aber noch lange nicht das Aus für das Klimaabkommen bedeuten. Ban Ki Moon zeigte sich am Freitag jedenfalls kämpferisch: "Diese globale Einigkeit beim Klimawandel schien einst undenkbar, aber nun ist sie unaufhaltbar geworden", sagte der UN-Generalsekretär. Und Sven Harmeling ist überzeugt, dass unabhängig von der Regierung in Washington viele US-Bundesstaaten das drängende Problem des Klimawandels längst erkannt hätten. So sind etwa die Abgasvorschriften in Kalifornien bereits jetzt strenger als in Europa und selbst das als Erdöl-verliebt geltende Texas setzt vermehrt auf seine boomende Photovoltaik-Branche. Es ginge also auch ohne Trump.
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