Wie die Oranje-Wahl auf Deutschland abfärbt

Interne Machtkämpfe setzen ihr zu: AfD-Chefin Frauke Petry
Wilders’ Schlappe lässt deutsche Regierung aufatmen - für AfD wird es noch schwieriger.

Geert Wilders’ Wunsch war schon damals fromm, seit Mittwoch scheint er umso frommer: "Frauke statt Angela!", hatte der Niederländer im Jänner im deutschen Koblenz gerufen – der Applaus aus dem AfD-Publikum war heftig.

Jetzt, nach seinem deutlich verpassten Wahlsieg, ist die AfD plötzlich leise geworden. Die schlechte Nachricht trifft die Partei in schwieriger Zeit: Die Umfragehöhen von einst sind in weiter Ferne; zuletzt sackte sie auf unter zehn Prozent ab. Das liegt nicht nur am Abebben der Flüchtlingskrise, sondern auch an öffentlich ausgetragenen Machtkämpfen – und an Martin Schulz: Der Erfolg des SPDlers musste auch die AfD erkennen lassen, dass die meisten Wähler nicht rechts, sondern in der Mitte zu holen sind. Selbst AfD-Chefin Petry räumte nach Wilders’ Niederlage ein, der Niederländer habe vielleicht nicht immer den richtigen Ton getroffen – etwas, was ihre Parteikollegen kaum beherzigen werden.

Deutschland ist anders

Dass deren Anti-Ausländer-Parolen viele Mitte-Wähler irritieren, ist die größte Deckungsgleichheit zwischen der Oranje-Wahl und dem deutschen Urnengang im Herbst. Sonst kämpfen Wilders und die AfD auf anderem Terrain: Das Anti-EU-Motto, mit dem er in die Wahl zog, funktioniert in Deutschland nicht; dem steht das Selbstverständnis der Deutschen als Europäer im Weg. Dass Merkel das "sehr pro-europäische" Ergebnis begrüßte, Kanzleramtsminister Altmaier auf Twitter auf holländisch "Oh Niederlande, du bist ein Champion!" frohlockte, würde wohl nicht in jedem anderen EU-Staat gut ankommen.

Ähnliches gilt auch für die Türkei. Hätte Deutschland auch binnen Tagen gewählt, wäre Merkel vermutlich – wie Mark Rutte – angriffiger gegenüber Erdoğan gewesen. Doch ihr ist klar, dass es noch sechs Monate bis zur Wahl sind; eine Eskalation hätte da mehr Schaden als Nutzen. Zudem wird sich die Lage nach dem Referendum ändern, ist man sich sicher.

Insofern ist kaum zu erwarten, dass sich die Kanzlerin von Ruttes Forschheit allzu sehr inspirieren lässt und etwa zu Einreiseverboten greifen wird. Ihre Mittel sind subtiler – und auf ihren schwierigsten Gegner gerichtet: Dass ihre Union seit Kurzem wieder auf die "privilegierte Partnerschaft" und "ergebnisoffene Verhandlungen" für die Türkei pocht, ist nicht nur eine Spitze gegen Ankara, sondern gegen Martin Schulz. Denn der trat stets als großer Befürworter des EU-Beitritts der Türkei auf – seit der jüngsten Krise ist er aber sehr zurückhaltend.

Kommentare