USA

Amerikas Rechte schaltet auf Angriff

Nach Abgang von Trump Chefberater: Bannon wirft rechte Medienmaschine wieder an – für Trump, oder gegen ihn.

Um die grenzenlose Selbstverliebtheit von Stephen Bannon zu illustrieren, dichtete der Interims-Kommunikationschefs des Weißen Hauses dem korpulenten Mittsechziger vor einigen Wochen geradezu artistische Fähigkeiten zur Selbstbefriedigung an, die man besser nicht ins Deutsche übersetzt. Auch darum musste Anthony Scaramucci gehen.

Nun sind nicht wenige in Washington geneigt, dem heißspornigen Italo-Amerikaner recht zu geben. Keine vier Stunden war Bannon seinen Posten als rechts-nationalistischer Chef-Stratege von US-Präsident Donald Trump los, da sorgte der selbst ernannte Rebell gegen das System für Schlagzeilen, die noch lange nachwirken werden. Breitbart News, das rechtspopulistische Propaganda-Portal , steht ab sofort wieder unter der Fuchtel Bannons. Er hatte im Vorjahr das Sprachrohr für Hillary-Clinton-Hasser, Globalisierungsfeinde und die ultrarechte Alt-Right-Bewegung auf Trump-Kurs gezwungen.


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Zweitens, und da kommt Scaramucci ins Spiel: Bannon ist tatsächlich der Überzeugung, dass durch seinen Abgang Trumps Präsidentschaft, so wie sie erfochten und gewonnen worden sei, "vorüber ist". Das Weiße Haus werde nun zur Beute der Demokraten und all derer, die Amerika auf bekannten Pfaden halten wollten, sagte Bannon. Alles, was wirklich zähle (der Bau der Mauer an der Grenze zu Mexiko, die Bekämpfung Chinas als wirtschaftlicher Hegemon in spe, die Re-Nationalisierung von Unternehmen usw.), werde ohne ihn in der Machtzentrale entschieden schwerer, wenn nicht unmöglich, diktierte der chronisch ungesund aussehende Workaholic dem Weekly Standard in seinem ersten Interview in den Block.

"Habe Hände wieder an den Waffen"

Was Bannon mit seiner neuen Freiheit anfangen will, kann Trump, der lange mit dem Rauswurf seines wichtigsten Einflüsterers gehadert hat, in Schweißausbrüche treiben. Oberflächlich will der 63-Jährige Breitbart News zu einer "verdammten Maschine" ausbauen, um "für Trump und gegen dessen Widersacher in Opposition und Medien in den Krieg zu ziehen". Wörtlich sagte der Choleriker, der sein Medium offensichtlich als Sturmgeschütz versteht: "Jetzt habe ich die Hände wieder an den Waffen".

Allerdings hat Bannons Vize-Chefredakteur Joel Pollak vorher den Rahmen abgesteckt. Bleibt Trump auf Kurs und setzt Wahlversprechen im Sinne seiner Basis um, wird alles gut. Mutiert er dagegen zu einem zweiten Arnold Schwarzenegger, werde es "Krieg" geben. Der Hollywood-Star hatte sich nach der Wahl zum republikanischen Gouverneur Kaliforniens schnell in Richtung Mitte orientiert und letztlich liberal-demokratische Politik gemacht. Sollte Trump sich ebenfalls so entwickeln, könnte Breitbart News zur wichtigsten außerparlamentarischen Opposition gegen den Präsidenten werden.

Stützen oder stürzen? Die Aussicht auf einen mächtigen Gegner im medial-politischen Vorfeld macht die Lage für Trump, der in der Öffentlichkeit wie intern im Kabinett auf wachsenden Widerstand stößt, noch komplizierter. An wem oder was richtet er seine Politik jetzt aus?

Was bis Jahresende nicht halbwegs in trockenen Tüchern ist, so das Magazin Politico, wird auf die lange Bank geschoben. Begründung: Frühjahr 2018 beginnt der Wahlkampf für die Zwischenwahlen im Kongress im November. Bannons Demission wird nach überwältigender Ansicht von US-Kommentatoren keinen grundlegenden Wandel in die Arbeit des Weißen Hauses bringen. "Ein Extremist weniger macht noch keinen großen Unterschied", meint ein Kommentator.

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