Nawalnys Familie hatte sich gewünscht, den im Alter von 47 Jahren Verstorbenen auf dem Trojekurow-Friedhof zu begraben. Der ist ein Ableger des bekannten Prominenten- und Touristenfriedhofs Nowodewitschi, auf dem auch ehemalige Präsidenten wie Boris Jelzin und Michail Gorbatschow begraben wurden, und beherbergt selbst prominente Putin-Kritiker.
Begräbnis am Wunsch-Friedhof abgelehnt
So fand hier nicht nur der 2015 auf offener Moskauer Straße erschossenen Oppositionspolitiker und Nawalny-Freund Boris Nemzow seine letzte Ruhestätte, sondern auch die 2006 in ihrem Wohnhaus erschossene Journalistin und Aktivistin Anna Politkowskaja.
Laut Iwan Schadnow, dem Leiter von Nawalnys Antikorruptionsstiftung, haben die Behörden den Trojekurow-Friedhof jedoch ohne weitere Angabe von Gründen als „ungeeignet“ bezeichnet und das Ansinnen abgelehnt.
Kein Gedenken außerhalb der Kirche möglich
Ebenso schwierig gestaltete sich die Suche nach einem Ort für die Trauerfeier. Im russisch-orthodoxen Ritus ist es üblich, den Verstorbenen bis zur Beerdigung aufzubahren, ein entsprechender Ort war jedoch nicht aufzutreiben, berichtete Nawalny-Sprecherin Kira Jarmysch.
Manche Bestattungsunternehmen und Trauerhallen hätten gesagt, sie seien ausgebucht; andere sich geweigert, sobald sie den Namen Nawalny hörten, so Jarmysch. Daher dürfte nun die Aussegnung in der Kirche vor der Beerdigung die einzige Gedenkveranstaltung bleiben. Zu groß scheint die Sorge des Kreml vor öffentlichen Solidaritätsbekundungen für Nawalny.
Dazu passt auch der Bericht von Mutter Ljdumila Nawalnaja, wonach sie bedrängt worden sei, einer heimlichen Beisetzung zuzustimmen.
Sorge um Sicherheit der Trauergäste
Und daher ist es auch nachvollziehbar, dass Witwe Julia Nawalnaja sich um die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Trauerfeier am Freitag sorgt, wie sie vor dem EU-Parlament in Straßburg am Mittwoch sagte. „Ich weiß noch nicht, ob das friedlich wird oder ob die Polizei diejenigen festnehmen wird, die sich von meinem Ehemann verabschieden wollen“, so Nawalnaja.
Schon bei der Niederlegung von Blumen zum Gedenken an Nawalny waren Hunderte Menschen verhaftet worden.
Visum für Grüne Ernst-Dziedzic verweigert
Eine, die gerne teilgenommen hätte, muss sich jedenfalls keine Sorgen um ihre körperliche Unversehrtheit machen: Der außenpolitischen Sprecherin der Grünen, Ewa Ernst-Dziedzic, wurde ein Visum verweigert. Sie plant nun – zeitgleich mit dem Begräbnis – um 12 Uhr ein Gedenken vor der russischen Botschaft.
Sobald der Zeitpunkt des Begräbnisses klar gewesen sei, habe sie die russische Botschaft um einen Termin zur Ausstellung eines Visums ersucht, erzählte Ernst-Dziedzic am Mittwochabend der APA. Auch das österreichische Außenministerium habe sich darum bemüht. "Doch dann kam die Antwort direkt an das Außenministerium: Nein, das geht nicht", sagte sie.
Als Nationalratsabgeordnete sei ihr Derartiges noch nie passiert, sagte Ernst-Dziedzic. Die Erteilung von Visa für Personen mit diplomatischen Reisepässen sei Formsache und es habe nie Verzögerungen gegeben.
In der russischen Botschaft selbst erklärte man am Donnerstagnachmittag die Nichtausstellung des Visums mit formalen Gründen. "Es gab keinen offiziellen Visaantrag, sondern nur einen Anruf. Und wir stellen telefonisch keine Visa aus. Das macht auch die österreichische Botschaft in Moskau nicht", kommentierte ein Botschaftssprecher gegenüber der APA. Weitere Nachfragen wollte er nicht beantworten.
Österreich wird von Botschafter vertreten
Das offizielle Österreich wird damit bei Nawalnys Begräbnis nur von Botschafter Werner Almhofer vertreten. Die Teilnahme des protokollarisch höchsten Vertreters Österreichs in Russland ist ein klares Signal an das russische Regime", sagte eine Sprecherin des Außenamtes. Sie kündigte an, dass Almhofer im Namen der Republik auch einen Kranz niederlegen werde.
Österreich habe zum Tod Nawalnys sowohl auf Ebene der Staatsspitze als auch seitens der Bundesregierung unmissverständlich Stellung bezogen. Die russische Seite habe darauf "mit Wehleidigkeit reagiert", sagte die Sprecherin.
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